Seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), dem EuGH-Urteil zum Cookie-OptIn und der zu erwartenden E-Privacy-Verordnung ist die Stimmung bei Webseitenbetreibern mies. Das Tracking an sich aber auch Conversion-Tracking und Remarketing-Cookies waren bisher essentiell wichtig für die Aussteuerung von Werbeanzeigen und die Erfolgsmessung von digitalen Werbekampagnen. Werbetreibende sind auf Daten angewiesen, um das Marketing wirtschaftlich zu halten.

Bei Werbesystemen wie Google Ads, Facebook oder Microsoft Advertising, die mithilfe einer KI und Smart Bidding-Mechanismen zu wahren Conversion-Explosionen verhelfen können, waren Tracking-Cookies bislang nicht mehr wegzudenken. Nicht nur für das Conversion-Tracking, sondern auch für Remarketing-Listen und die Auswertung, wie Nutzer mit der eigene Website interagieren.

Das könnte sich alles noch massiver ändern. Auch wenn man sich an dieser Stelle wahrscheinlich vielmehr fragen sollte, wieso die EU offensichtlich die gesamte Digital-Wirtschaft und den Onlinehandel zerstören will, ist es vielmehr an der Zeit, sich über Alternativen Gedanken zu machen. Auch wenn man das in Anbetracht der aktuellen Entwicklung eher zähneknirschend tun möchte. Denn was uns womöglich droht ist ein (europäisches) Internet, dass keine personalisierte und individuelle Werbung mehr kennt und dies würde einen unkontrollierten Burn-Out der Onlinewerbung verursachen, was zu enormen Streuverlusten und fehlplatzierter Werbung führen wird. Ergo noch mehr Reizüberflutung.

Die andere Seite, die diesem Problem gegenübersteht, ist das die Umsetzung solcher Verordnungen welche von zum Teil von sehr viel Halbwissen und Angstmache begleitet wird. Der Großteil der Werbetreibenden und Händler sind Kleinstunternehmen bis KMU, die diese Umsetzung auch jedes mal bezahlen müssen. Ich erinnere an dieser Stelle nochmals an die DSGVO, welche für Anwälte wohl eine Goldgrube gewesen sein dürfte. Genau diese Unternehmen sind es auch, die in Deutschland den Löwenanteil an Steuereinnahmen stemmen. Das jede neue Verordnung auch finanziell „reinhaut“ wird oftmals vergessen.

Frage nach dem OptIn löst das Problem für Webseitenbetreiber nicht

Nutzer nach einer expliziten Erlaubnis zu Fragen ist nicht nur nervig und macht die Usability kaputt (man beachte einfach diese nervigen Consent-Banner auf allen Websites), es ist auch sinnlos. Ich habe Websites gesehen, die ihre Nutzer gefragt haben und 90% sagen halt einfach „Nein“. Das wars dann!

Dann gibt es andere Websites, die den Spielraum und die Gestaltung der Fragestellung etwas ausweiten und es trickreich schaffen, dass die „ghost-quote“ nicht ganz so vernichtend hoch ist. Das AdBlocker-Problem erwähne ich am besten erst garnicht. Aber auch das löst das Grundproblem nicht.

Wir sollten aufhören Dinge jedesmal so umzusetzen, wie es ein Gericht in einem Urteil wiedergibt und anfangen Dinge so zu machen, damit sie nicht mit einer Verordnung kollidieren. Die DSGVO hat beispielsweise sehr gute und klare Vorgaben gemacht, was personenbezogene Daten sind und was der rechtliche Rahmen erlaubt. Das die DSGVO für einen kleinen Unternehmer und rechtlichen Laien womöglich nicht zu verstehen ist, ist nochmal ein anderes „Kommunikationsproblem“.

Ich finde beispielsweise, wenn der gesamte Traffic auf einer Website durch das Abschneiden der IP-Adresse anonymisiert wird (bieten alle Tracking-Tools an), dann ist der „Personenbezug“ nicht mehr gegeben. Bis jetzt kann man so auch sicherlich noch argumentieren.

Das Hauptproblem liegt aber deshalb bei den Cookies.

Gibt es denn überhaupt Tracking-Konzepte fernab von Cookies?

Ja. Auch wenn das alles für Onlinemarketer und Werbetreibende furchtbar deprimierend ist, gibt es durchaus Tracking-Ansätze und andere technische Möglichkeiten, eine Trackingstrecke weitgehend aussagekräftig so zu bauen, dass sie nicht mit geltendem Recht in Konflikt gerät. Wobei ich als Jura-Laie hier keine Rechtmäßigkeiten diskutieren werde.

Das Datenschutz-Thema gibt es ja nicht erst seit gestern. Ich habe in meiner Agentur schon jetzt oft mit diesen Herausforderungen und Datenschutzvorgaben zu tun. Und dennoch können wir messen und optimieren, auch wenn es die Werbekunden durch fehlendes Conversion-Tracking meiner Meinung nach pro Jahr Millionen kostet.

Trackingvorlagen, und ValueTrack-Parameter

Beispielsweise kann man bei Google Ads mit Trackingvorlagen oder ValueTrack-Parametern alle wichtigen Werte an eine Zielseite übergeben, OHNE das diese zwingend Google Analytics nutzen muss.

Das löst – ohne Google Ads Code – zwar immer noch nicht das Problem des Conversion-Trackings, aber immerhin bekommt man ausreichend Daten, um die Aussteuerung der Google Ads-Kampagnen zu optimieren. das funktioniert in der Praxis tatsächlich relativ gut.

Google Display Ads – benutzerdefinierte Zielgruppen mit gemeinsamer Absicht

Mithilfe der benutzerdefinierten Zielgruppen lassen sich fast schon „Fake-Remarketing“-Kampagnen bauen. Man kann auch einfach die eigene URL oder die Konkurrenz eingeben und erreicht so einen sehr ausgewählten Rezipienten-Kreis. Das ersetzt zwar keine Remarketing-Liste, ist dafür aber datenschutzrechtlich zumindest für den Werbetreibenden sauber und man benötigt dazu erstmal keine Cookies oder sonstige Tracking-Codes. Wie bei jedem anderen Werbesystem, liegt die datenschutzrechtliche Verwantwortung hier beim Betreiber des Dienstes (Google).

Ich kann an dieser Stelle nur allen Werbetreibenden, die kein ausreichendes Tracking haben, nur wärmsten empfehlen, sich mit den verschiedenen Zielgruppen-Optionen (auch bei Facebook) zu beschäftigen. Mittlerweile kann man durch eine gute Kombination verschiedener Merkmale eine sehr gute Aussteuerung erreichen.

eTag, Fingerprinting und Co.

Zugegeben, es gibt eine Vielzahl von Cookie-Alternativen. Allerdings ist derzeit stark zu bezweifeln, inwiefern sich diese Lösungen rechtlich konform verhalten. Ich will nicht den Anschein erwecken, dass diese Lösungen aktuell eine Alternative darstellen. Deshalb kann ich da eigentlich nur noch zum Fazit springen.

Fazit: Erst die E-Privacy Verordnung wird entscheiden, wie es genau mit dem Tracking weitergeht

Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die Europäische Union, mit Hinblick auf den immer stärker werdenden Wettbewerb, z.B. mit China und Amerika, das Tracking einfach „totschlägt“. Das wäre wirtschaftlich sowie auch technisch eine Katastrophe und beträfe den Onlinehandel, Verlage, Agenturen und Werbekunden.Man kann nur hoffen, dass der Gesetzgeber bei der Ausarbeitung entsprechend beraten wird.

Unabhängig davon, wie sich diese Verordnung und die Cookie- und Tracking-Regeln in Zukunft gestalten: Es wird immer Alternativen geben und ich bin sicher, dass sich – nachdem diese ganze Kiste endlich einmal in Beton gegossen ist – noch neuartige Alternativen am Markt herausbilden.

Unabhängig von alledem sollte der Gesetzgeber auch immer daran denken, dass es letzten Endes auch die Internetnutzer sind, die diese ganzen nervigen Consent-Banner sehen, nervige Pflichtangaben wegklicken und sich ständig irgendwo durchlesen müssen. Das ist nicht im Sinne des Internets. Händler, Unternehmen und Verlage haben schon genug rechtliche Vorgaben, die sie einhalten müssen. Vergessen wir nicht, dass die Umsetzung der DSGVO die deutsche Wirtschaft Milliarden gekostet hat.

Wenn wir in Europa in Bezug auf Innovation, Handel und Wirtschaft auch in Zukunft mit den USA oder China mithalten wollen, dann müssen wir uns auch um das Front-End der Wirtschaft kümmern! Vor allem wenn wir ständig über Digitalisierung sprechen, dann müssen wir irgendwo auch einen Preis bezahlen. Denn nicht jede Neuerung auf diesem Planeten wurde gemacht, um sich an eine Verordnung zu halten.

Dafür brauchen wir in Europa vor allem unmissverständlich klare und nicht-auslegbare Regeln und keine ständigen Gerichtsurteile, die die Branchen wöchentlich durcheinanderbringen. Sonst sieht es dann bald überall in den Dashboards so aus: