SEO in der Praxis

SEO unterliegt immer noch einem Mythos. Viele meiner Freunde und Bekannte denken, ich betreibe Voodoo oder schwarze Magie. Andere wiederum denken, ich bin ein Nerd, Hacker oder Mathegenie.
Nichts davon hat wirklich etwas mit SEO zu tun. (Wenn man Blackhat SEO jetzt mal außen vor lässt)
Ich denke es ist mal an der Zeit, ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Was mache ich eigentlich den ganzen Tag als SEO und Geschäftsführer? Und was mache ich wirklich? Und warum mache ich das?

„Ich bescheisse Google“

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Wenn mich Menschen fragen, was ich denn genau mache, antworte ich meistens: „Ich bescheisse Google“. Stimmt zwar nicht, klingt aber gut und aufregend. Eine One Man Show gegen einen Weltkonzern. „Wow!“
Diese Antwort erspart mir mehr Nachfragen als z.B. „Ich sorge dafür, dass deine Webseite in den Suchergebnissen auf den höheren Plätzen erscheint“…Gäähn. Das ist ja nur zum Teil richtig bzw. gar nicht.

  1. Bescheisse ich nicht, sondern ich optimiere. Ich helfe Menschen, dass Suchmaschinen ihre Webseite und deren Geschäftsfeld besser lesen und bewerten können
  2. Ist SEO keine Zauberei, sondern das Verstehen von technischen Zusammenhängen, grundlegenden Algorithmen, Usability und Erfahrung.
Jeder SEO auf diesem Planeten hat einen anderen Schwerpunkt. Es gibt die technischen Suchmaschinenoptimierer, z.B. Programmierer. Es gibt die Content-SEO, z.B. Werbetexter. Es gibt die Marketing-SEO, z.B. PR-Leute und Werbeagenturen usw.
Und alle machen es auf ihrem Gebiet gut. Und alle diese Arten von SEO sind wichtig. 
Die Programmierer basteln Tools und entwickeln automatisierte Prozesse. Die Werbetexter produzieren ansprechende Texte, die nicht sofort als SEO-Texte erkennbar sind und Spaß machen. Die PR-Menschen kennen alle Internetportale, auf denen sich Informationen effektiv verbreiten lassen. Werbeagenturen können virale Effekte konzeptionieren, Stichwort: Linkbait.
Die perfekte Kombination wäre natürlich eine Person, die alle eben genannten Eigenschaften vereint, aber die gibt es nicht und das ist auch gut so. Stichwort: Spezialisierung
Ich sehe mich da irgendwo dazwischen, aber mit Tendenz zum Marketing (Studium: Wirtschaftskommunikation).

Ich stehe auf

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Das Erste das ich morgens mache: Ich stehe auf und kratz mich. Idealerweise wurde ich auch nicht von meinen zwei Katzen geweckt, die übrigens richtig miese Strategien haben um dich ganz langsam und schleichend wach zu machen. Katzen sind die Blackhat-Wecker!
Der Kaffee macht sich nicht von selbst, das Katzenklo auch nicht. Bitte, Danke. 10 Minuten rum.
Beim Frühstück beginne ich den Tag meistens mit Nachrichten und dem Wetter. Witzigerweise schaue ich mir neuerdings auch alte Matt Cutts Präsentationen an. Wenn die dann im Hintergrund laufen, klingt es manchmal wie eine alte Daily Soap aus Amerika.

Nachrichten, Wetter, Google

Ich gehöre zu den Menschen, die morgens extrem aufnahmefähig sind, wenn es um Informationen und Zusammenhänge geht. Deshalb sind zuerst die täglichen Rankings meiner Klienten, News aus der SEO-Branche und Fachartikel dran. Der Google Webmaster Central Blog und der Google Youtube Channel sind absolute Pflichtseiten.
Nebenbei sortiere ich E-Mails nach Priorität.
Nachdem ich dann innerhalb von 10 Minuten geduscht und mich angezogen habe verlasse ich das Haus, kaufe mir einen Multivitaminsaft und laufe oder fahre, je nach Wetter, ins Büro an der Kulturbrauerei.

Büro Büro

Die Vertrieblerin meines Geschäftspartners und Mentors (wir haben die selben Räumlichkeiten) sagte einmal „Guten Morgen Herr Stromberg“ zu mir. Passt. Man tut was man kann. 😉
Mein Arbeitsplatz
Der Monitoring-Mac wird aufgeweckt und ich verkabel mein MacBook mit der Büro-Hardware. Montags nehme immer den 5 Kg Obstkorb von unserem netten Lieferanten entgegen. Die Rankings meiner Klienten werden nun noch einmal ausführlicher untersucht, ebenfalls die Backlinkprofile. Man weiß ja nie, welcher Blackhat-Teufel schon wieder unterwegs ist. 
Sollten sich drastische Veränderungen zeigen, wird die Prioritätenliste der SEO-Maßnahmen entsprechend angepasst.

Monitoring und Reporting

Google lässt sich ja mit dem Crawling und dem Aktualisieren des Index ja relativ viel Zeit. (Bei Yandex ist das noch schlimmer) Heißt: Es dauert teilweise Wochen, bis man Veränderungen und Ergebnisse der betriebenen Maßnahmen überhaupt messen kann. Deshalb arbeiten wir immer in Intervallen, d.h. wir bereiten Maßnahmen vor und setzen diese wenn möglich paketweise um. Dann geschieht erst einmal nichts bis zum nächsten Update. Diese Arbeitsweise ist sehr effektiv, da man später genau weiß, welche Maßnahme in etwa welche Auswirkung hatte.
Akribisches Monitoring und Dokumentation, aber auch die Arbeit von Externen, ist daher absolute Pflicht. Für das kompakte Reporting nutze ich SEOlytics, bei speziellen Fällen dann auch ein manuell erstelltes PDF mit einer Sammlung verschiedener Daten aus z.B. Analytics und WMT.

Konzeption und SEO Optimierung


Ganz wichtig, noch bevor ein Projekt überhaupt umgesetzt wird, ist die Konzeption. Wo stehe ich? Wo will hin? Welches Budget habe ich? Wer sind meine Kunden? usw. Das ist absolut wichtig für erfolgreiche SEO und Onlinemarketing generell. Wir verbringen hier sehr viel Zeit damit; fast mehr, als die eigentliche Umsetzung dauert.

So vergeht in den meisten Fällen, noch bevor es ans Eingemachte geht, sehr viel Zeit für Analysen und die Erstellung von Konzeptblättern. Einige Kunden sind durchaus in der Lage, SEO-Maßnahmen selbst umzusetzen. Sie wissen nur nicht „Was“ und „Wie“. Da ist man dann eher beratend tätig und muss es schaffen, viele Daten kompakt aufzubereiten und schriftlich darzulegen.

SEO Maßnahmen und Kommunikation

Man muss wissen, dass nicht alle Kunden ein Grundverständnis von SEO haben. Das müssen sie auch nicht und das ist auch nicht ihr Job sondern meiner. Meine Kunden möchten Ergebnisse und keine Fachvorträge haben. Und deshalb ist eine urbane Kommunikation, eine klare Sprache und kompaktes Reporting unbedingt notwendig. Kommunikation ist für mich übrigens der wichtigste Teil meiner gesamten Arbeit. Deshalb habe ich auch Wirtschaftskommunikation studiert.

Ich habe auch Kunden, z.B. das wohl bekannteste, traditionsreichste Luxushotel Berlins, die brauchen keine Suchmaschinenoptimierung. Und man braucht ihnen auch keine zu verkaufen oder anzubieten. Solche Kunden haben einen Namen, eine Geschichte, eine langjährige Tradition und eine genaue Vorstellung davon, wie etwas zu sein hat. Da geht es dann um Emotionen, Empathie, um deren Kunden, Werte und Repräsentation nach draußen. Sie werden gefunden, so oder so. Da muss man zuhören und die wahren Bedürfnisse erkennen. Das gehört auch zu meinem Beruf als SEO & Online Marketer.

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Auch die Ansichten gehen meist weit auseinander. Gerade bei OnPage Maßnahmen und Strukturfragen muss man deshalb kompromissbereit sein. Ich kann nicht einfach eine Menüstruktur und Überschriften verändern und den Kunden dann vor vollendete Tatsachen stellen. Man muss sich an einen Tisch setzen und reden. Nicht jeder möchte unbedingt ganz plakativ ein Keyword in der Headline, sondern legt mehr Wert auf einen schönen Textfluss und eine schöne Sprache (das was ich anfangs meinte).

Die Kunst in meinem Beruf ist es, immer einen Kompromiss zwischen den Anforderungen der Kunden und der Notwendigkeit von SEO zu finden. Und das klappt ganz gut indem ich mich mit anderen Experten (Textern, PR und Webdesignern) an einen Tisch setze.
Lösungsorientiertes Arbeiten mit einer klaren Linie und einem klaren Ziel.

Mittagspause

Bei uns im Büro wird oft gekocht. Diese Tradition habe ich von der Firma meines Geschäftspartners übernommen. Ich selbst finde essen wichtig und ich koche auch gerne. Wir haben eine komplett ausgestattete Küche mit allem was man braucht. 
Happy Hackbraten
So eine Gemeinschaftsküche ist auch ein schöner Ort, um sich über private Dinge und andere Neuigkeiten auszutauschen. Bestellt wird nie was. Gegessen wird fast immer zusammen. Ich kann mir das eigentlich gar nicht mehr anders vorstellen.
Die Post mache ich dann lieber nach dem Esssen auf. So ein Brief vom Finanzamt kann einem nämlich manchmal absolut alles verderben. 😉

Projekte Projekte – Vielfalt bewahren 

Eine weitere Sache, die ich an meinem Job so mag, ist die Vielfältigkeit des Aufgabenbereichs. Ich habe nicht immer reine SEO-Kunden, sondern man hat auch viel mit CMS, Strategie und Analysen zu tun. Diese Vielfalt hält mich persönlich auf Trab und sorgt dafür, dass ich nie gelangweilt bin. Außerdem erhält man oft faszinierende Einblicke in andere Bereiche.
Aktuell z.B. entwickeln wir die komplette Positionierung und Strategien für eine neuartige Software, die die Ressourcen-, Personal- und Fuhrparkplanung und Verwaltung für Bauleiter extremst vereinfacht. SEO ist auch dabei, aber im Vordergrund steht hier Produktentwicklung und Marketing. Marktanalysen, Zielgruppenbestimmung, Keyword Recherche, Positionierung, Werbefilm, Flyer…das volle Programm. Geil!

Weiterbildung ist Pflicht

Weiterbildung gehört für mich zum Tagesgeschäft wie das Zähneputzen. Auf dem Sektor SEO und Onlinemarketing geht ohne Weiterbildung gar nichts. Ich lese sehr viel, auch tagsüber. Ich schaue auch was Kollegen schreiben, die Fachpresse oder Google selbst. Es ist oft sehr schwer, diese Vielzahl von Informationen zu kanalisieren und aufs wesentliche zu beschränken.

SEO Workshop am 01. Juni 2013 an der HTW Berlin

Und natürlich bin ich auch selbst auf dem Weiterbildungssektor unterwegs. Erst neulich habe ich einen ganztägigen SEO Workshop an der Hochschule für Technik und Wirtschaft gegeben. Da habe ich auch gemerkt, wie wichtig das Thema Weiterbildung überhaupt ist. Und es macht mir auch Spaß zu coachen und zu unterrichten. Dafür sitzt man dann aber auch mal wochenlang über Folien, Prezi und Begleitmaterial.Mal schauen wie sich das entwickelt.

Reputationsmarketing

Ich in Prag beim Essen. ESSEN!
Reputation ist ganz wichtig für das Geschäft und deshalb gehört dieses Thema auch in meinen Alltag. Ich forsche, ich experimentiere, ich blogge. Man könnte sagen: „Ich blogge also bin ich“

Wenn ich mit potenziellen Kunden ein Erstgespräch führe oder aber jemand überlegt, ob er mich anheuert, dann kann man mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass mein Name erstmal in der Google Suchmaske landet. Dann ist es natürlich wichtig, was derjenige dann über mich findet: Meine Firmenseite, mein Xing Profil, mein Blog. Ich habe auf all diesen Plattformen dafür gesorgt, dass man in relativ kurzer Zeit einen Überblick über meine Referenzen und meinen Arbeitsbereich erhält. Mein Blog ist dann noch mal quasi ein „Reputations- oder Kompetenzmultiplikator“. Er zeigt, dass ich mich mit dem Thema SEO beschäftige und auch, wie tief mein Fachwissen geht.
Aber Reputation heißt nicht nur, seine Glaubwürdigkeit zu verstärken, sondern auch einfach der zu sein der man ist. Und das man sein kann wie man ist, ohne das man sich verstellen muss oder an Glaubwürdigkeit verliert.
Und jeder macht das anders. Da wäre z.B. +Olaf Kopp der sehr viel Fachbeiträge schreibt und sich jeden Tag intensiv mit dem Thema SEO und Onlinemarketing beschäftigt. (Olaf kenne ich auch privat.) Oder +Karl Kratz, den ich bis heute noch nicht ein einziges Mal getroffen habe, aber einfach seine Kommunikation und seine „Imagepflege“ schätze. Der „Erklärbär und Sozialarbeiter“ in den sozialen Netzwerken, den man einfach liebhaben muss! 🙂
Jeder von denen, und auch etliche andere mehr (z.B. Marcus Tandler), betreiben Reputationsmarketing auf ihre Art und Weise und bei jeden von ihnen hat man automatisch ein anderes Fachwort im Kopf. 
So läuft das und so muss das!

Schlusswort

Das waren jetzt also ein paar Einblicke in mein Leben als Suchmaschinenoptimierer, Geschäftsführer und Lebemann. Wie ihr merkt, ist es ein Job wie viele andere auch. Ich habe jeden Tag mit den unterschiedlichsten Kunden und Herausforderungen zu tun. Wenn man Onlinemarketing macht, dann muss man aber flexibel sein und zuhören können. 
Jeder Mensch kann nur einen wirklich kompetenten Schwerpunkt haben. Bei mir ist das SEO. Was aber fast noch wertvoller ist als das ist, wenn man einen kompletten Überblick über alle Aufgabenbereiche hat, ein großes und gut funktionierendes Netzwerk hat. Das macht einen erst richtig flexibel und effizient. 
Auf der einen Seite habe ich mich von Anfang an von dem „Wir bieten alles an“ – Gedanken verabschiedet, auf der anderen Seite ist „nur SEO“ auch doof. Es gibt im Tagesgeschäft immer wieder Projekte, die einen Spagat zwischen verschiedenen Bereichen erfordern, z.B. Website Redesign, SEO und paralleler Markteintritt nach Russland. Und da ich Vielfalt liebe wäre ich ja doof, wenn ich diese Projekte absagen würde.
Mein Alltag ist spannend und immer anders. Ich liebe es, den Menschen zu helfen und am Ende auch noch sagen zu können: „Mensch Marcel, da hast du jetzt aber wirklich gute Arbeit gemacht!“. Wenn ich dann noch von den Kunden weiterempfohlen werde und die Kunden immer wieder kommen, dann weiß ich, ich habe alles richtig gemacht. Vielleicht nicht immer alles 1000% perfekt, aber dafür richtig!
Und dafür falle ich dann gerne mal nach einem 10 Stunden Tag zufrieden in mein Bett, stecke den Daumen in den Mund, warte bis die Katzen sich breit machen und träume von dem Tag, wo Matt Cutts auf mich zu kommt und sagt: „Wollen Rose kaufen?“
ENDE

Tipps

Hier noch ein paar persönliche Tipps, die mir mein Leben einfacher machen:
  • sei wie du bist
  • bilde dich weiter
  • baue deine Reputation aus
  • netzwerke, auch wenn es manchmal nervt
  • pflege deine Kundenkontakte
  • sei nicht gierig
  • sei nicht neidisch
  • hör auf dein Umfeld
  • gönn dir mal ne Auszeit
  • bilde dich weiter
  • sei ehrlich
  • sei fair
  • teile dein Wissen
  • sei kritisch
  • sei kreativ
  • sei wie du bist