Behandlungsraum / Symbolfoto – Quelle Photodune

Ab und an schreibe ich in meinem Blog auch über Offtopic-Themen (gekennzeichnet mit „OT“), die zwar nichts mit Online- oder Digital-Marketing zu tun haben, die mich aber beschäftigen oder die ich für aktuell und wertvoll halte.

Heute möchte ich über meine Erfahrung mit der Analgosedierung (Dämmerschlaf) berichten. Anlass war nicht nur, dass ich erst vor 3 Tagen selbst eine Weisheitszahn-OP hatte, wo mir 4 (!) Weisheitszähne entfernt wurden, sondern auch weil ich davor auch nach Erfahrungsberichten gesucht habe und allerhand panikmachende Dinge oder Kommentare gefunden habe. Da ich selbst ein kleiner Schisser bin, was das Thema Zahnarzt angeht, möchte ich vor allem den Angstpatienten da draußen Mut machen!

Ich hatte mir schon vor dem Eingriff fest vorgenommen, diesen Erfahrungsbericht zu schreiben. Und außerdem war es ein prägendes und positives Erlebnis, dass meine Sicht auf den Zahnarzt und Behandlungen stark verändert hat.

Disclaimer: Ich bin weder Arzt noch Chirurg oder Narkosespezialist. Das sind nur meine persönlichen Erfahrungen aus Sicht als Patient. Ich wurde auch von niemanden bezahlt oder angehalten, diesen Artikel zu schreiben.

Hintergrund

Das Thema Weisheitszähne begleitete mich schon etwas länger. Da die Zahnarztpraxis nicht unbedingt mein Traumort ist, habe ich das Thema irgendwie immer wieder aufgeschoben. Irgendwie ein altes Trauma aus Zeiten der DDR-Kinderzahnklinik.

Weil ich einen recht großen Kiefer habe, war das aber auch nicht wirklich problematisch oder dringlich. Alle Weisheitszähne sind grade rausgewachsen. Aber dann habe ich mir letztens doch einen Ruck gegeben und auch weil mein Zahnarzt meinte, bevor man dies und jenes noch machen lässt, sollten die 4 Dinger raus. Auch ist es mit der Zahnpflege bei den ganz hinten liegenden Weisheitszähnen etwas problematischer. Soweit, so gut. Ran an den Speck.

Sedierung oder Vollnarkose?

Der Traum eines jeden Angstpatienten ist es, dass man im besten Fall überhaupt nichts mitbekommt. Ich habe mich natürlich auch sehr ausführlich informiert. Eigentlich gibt es nur 4 Optionen:

  1. keine Betäubung und durch (niemals! Das ist auch keine Option)
  2. örtliche Betäubung und eine Stunde durchhalten
  3. Sedierung
  4. Vollnarkose

Und da die ersten beiden Optionen schon automatisch für mich wegfielen (wobei ich bei einem Zahn auch noch zu 2. tendiere), blieben nur noch die Vollnarkose oder eine Sedierung.

Der Oralchirurg, der mich behandelt hat, hatte mir dann auch prompt gleich die Analgosedierung empfohlen.

Was ist eine Analgosedierung?

Die Analgosedierung ist ein Mittelding zwischen örtlicher Betäubungsspritze und Vollnarkose. „Analgo“ steht für Analgesie/Analgetika und „Sedierung“ für Sedativum/Schlafmittel. Quasi eine 2-in-1-Lösung.

Man schläft also während man gleichzeitig schmerzunempfindlich ist. Im Gegensatz zur Vollnarkose atmet man auch selbstständig und ist sogar teilweise ansprechbar. Auch ist eine Sedierung deutlich günstiger als eine Vollnarkose. Das Verrückte aber: Nach dem Aufwachen weiss man angeblich von Nichts mehr. Geil!

Die Analogosedierung wird aber nicht nur bei Zahnärzten eingesetzt, sondern auch überall dort, wo unangenehme Untersuchungen stattfinden und man bestimmte Reize ausschalten möchte, z.B. Magenspiegelung (Schlauch im Hals) oder eben andere unangenehme Dinge, die man nicht mitbekommen möchte.

Vorab-Beratungsgespräch beim Oralchirurgen

Zu allererst wurde ich durch meinen Oralchirurgen über den Ablauf und mögliche Risiken in einem Vorgespräch vollumfänglich aufgeklärt. Das findet bei einem separaten Termin vor dem eigentlichen Eingriff statt, wo es nur um die Beratung und die Kosten geht. Man kann auch viele Fragen stellen. Anhand meiner Röntgenbilder konnte er schon abschätzen, dass alles unproblemtisch verlaufen wird. Er hat mir auch so grob gesagt, wie er das macht und wo einen speziellen Kniff machen muss. Man wird auch auf den Ablauf und die Tage nach der Operation vorbereitet. Das fand ich persönlich sehr hilfreich und hat mir viele Bedenken genommen.

Ablauf meiner Weisheitszahn-OP und Sedierung

Der große Tag

Einen Tag vor dem Eingriff sollte ich beginnen, Antibiotika zu nehmen. Diese sollen dann nach der OP verhindern, dass sich bakterielle Infektionen in den offenen Wunden im Mund bilden können. Zusätzlich hatte ich mich auch schon mit extra Ibuprofen eingedeckt.

Ich sollte 6 Stunden vor dem Termin auch nichts mehr essen, 1 Stunde vor dem Termin nichts mehr trinken. Man muss nüchtern kommen. Der Grund: Bei einer Sedierung werden neben dem Bewusstsein auch Schutzreflexe wie Husten und Schlucken ausgeschaltet. Es besteht die Gefahr, das Mageninhalt in den Rachen gelangt und eingeatmet. Deshalb minimiert man das Risiko dadurch, dass der Magen quasi leer ist. Macht Sinn.

Als ich in der Praxis ankam, hat die Schwester auch nochmal abgefragt, wann man zuletzt gegessen und getrunken hat.

Der Eingriff

Ich wurde ganz normal aufgerufen. Solche Eingriffe sind bei Oralchirurgen Standardeingriffe. Die machen das mehrmals am Tag. Ich wurde in einen großen, hellen Raum gebracht, wo einfach nur ein Behandlungsstuhl in der Mitte war. Es lief leise ganz entspannte Musik. Alles war generell total entspannt. Keine Hektik, keine Geräusche. Nur der Chirurg und eine Schwester. Ich legte mich auf den Stuhl und bekam einen Sabberlatz.

Nach einem kleinen Venen-Kompliment – denn die Sedierung wird über eine Vene gegeben – sagte die Schwester, sie gäbe mir jetzt dir Lösung und es kann sein, dass ich ein Kribbeln merken würde. Alles war total entspannt, ich war die Ruhe selbst. Als würde ich das jeden Tag machen. Ich habe noch etwas Small-Talk mit der Schwester und dem Arzt gehalten.

Ein paar Sekunden später: ZACK und ich war weg.

Ich weiß nichtmal mal mehr, wann mir die Augen zugefallen sind. Ich weiß nur noch, dass man mir was in den Mund gesteckt hat (wahrscheinlich ein Mundöffner). Das nächste, an das ich mich erinnern kann war, dass mir im Mund rumgefummelt wurde (die Wattepads?). Das muss schon kurz vor Ende gewesen sein, keine Ahnung. Ich habe weder irgendwas gespürt noch bemerkt oder gehört. Ich hab geschlafen und mir war alles scheissegal haha.

Dann bin ich im Aufwachraum wach geworden. Alles vorbei. Eine 40 Minuten OP in gefühlten 5 Minuten im Schlaf. Großartig!

Man gab mir mehrere Kühlpads und etwas mehr Watte. Ich konnte zwar durch die andauernde Betäubung nichts spüren, aber ich merkte, dass mein Mund voll war mit Watte und Blut. Kein Wunder nach 4 gezogenen Weisheitszähnen.

Meine Frau und ich kurz nach dem Aufwachen – Mund voll Watte und Kühlpads

Wie fühlt sich die Sedierung an?

Ich kann das gar nicht so richtig beschreiben. In dem Moment, wo die Sedierung wirkt, ist man ja auch schon weg. Keine Ahnung, das waren vielleicht 10 – 15 Sekunden und ich war weg. Und während man schläft kriegt man auch nichts mit. Von der Behandlung weiss ich rein gar nichts, absolut nichts! Aber es fühlt sich so an, als würde man einen richtig tiefen und entspannten Mittagsschlaf halten, nicer Rausch. Aber auch davor war ich null aufgeregt und hatte auch keine Angst.

Der Chirurg hatte ein sehr entspanntes Ambiente geschaffen. Ein schöner heller Raum, leise Musik. Ich sagte ja, dass ich nur den Stuhl sah beim reingehen. Wahrscheinlich machen die das extra so und holen die Gerätschaften erst raus, wenn der Patient schläft. Tolle Strategie! Gerade ängstlichen Menschen kommt das sehr entgegen.

Nach dem Aufwachen ist man etwas benebelt und wie besoffen. Man redet aber nicht komisch wegen der Sedierung, sondern eher weil man den Mund voll Watte und Blut hat. Ich war auch etwas wacklig auf den Beinen, deshalb musste mich meine Frau auch begleiten.

Was hat die Analgosedierung gekostet?

Ich habe insgesamt 120€ bezahlt. 100€ für die Sedierung und 20€ für Material. Ich habe gehört, dass die Kosten von Chirurg zu Chirurg variieren. Die Krankenkasse übernimmt das leider nicht. Lachgas aber schon – sehr merkwürdig. Aber unabhängig davon, finde ich 120€ gemessen an der Stressersparnis und allem total fair.

Die Tage danach

Die Behandlung war gegen 15 Uhr – um halb 5 war ich schon zu Hause. Die Betäubung hat so gegen frühen Abend nachgelassen. Dann hab ich aber auch so langsam die Schmerzen gespürt und die Schwellungen kamen. Mein Gott, ich sah aus wie ein Backenhörnchen. Gegen die Schmerzen half Ibuprofen. Gegen die Schwellung half leider auch keine Kühlung, die hatte tatsächlich 4 Tage danach noch.

Ich habe auch 2 Tage meinen Mund nicht richtig aufbekommen und hab mich erst am dritten Tag getraut, meine Zähne zu putzen. Ich hatte immer Angst, dass ich sonst womöglich mit der Zahnbürste in eine Wunde komme. Habe stattdessen eine Zahnspülung genommen, mehrmals täglich. Ich hatte zusätzlich auch ab und zu starke Kopfschmerzen. Ich war auch sehr müde. Die ersten 3 Tage danach habe ich sehr viel geschlafen.

Das Essen ging eigentlich erst wieder richtig am 3./4. Tag. Davor hab ich einfach Suppe gegessen und Dinge, die man nicht kauen muss. Ich habe auch sehr viel Kamillentee getrunken, das hat sehr geholfen. Wobei die Wärme nicht so gut war und ich dann kalten Tee getrunken habe. Der Arzt hat mir auch geraten keinen Kaffee und andere Dinge zu mir zu nehmen, die den Blutdruck steigern. Womöglich um Nachblutungen zu vermeiden.

Die Schmerzen hatte ich tatsächlich noch ein paar Tage später. 6 Tage nach dem Eingriff bin ich dann nochmals zur Praxis um die Fäden ziehen zu lassen. Da wurden die 4 Wunden auch nochmals kontrolliert und mit einer Wundspülung gereinigt.

Man hat auf jeden Fall ein paar Tage bis 2 Wochen mit den Nachwirkungen zu tun. Die Schwellungen hatte ich noch eine Zeit lang und die Schmerzen wurden zwar weniger, aber waren auch noch ein paar Tage da. Ich habe mich auch krankschreiben lassen. Alles nicht so dramatisch, aber nervig. Gottseidank lässt man sich die Weisheitszähne nur einmal im Leben ziehen. Alles halb so wild!

Fazit und was ich Dir rate

Ich bin immer noch total begeistert, was die Analgosedierung für eine tolle Alternative ist. Vor allem ist es halt wirklich ein Dämmerschlaf – jetzt verstehe ich, wieso das auch immer in Klammern dahinter steht. Vor allem für mich als Angstpatient ergeben sich so völlig neue Möglichkeiten. Abgesehen davon hat mir die Sedierung und der Eingriff auch gezeigt, dass alles nur halb so schlimm ist. Das ist alles nur in deinem Kopf. Du musst absolut keine Angst vor gar nichts haben!

Man muss den Ärzten und Chirurgen vertrauen, die machen das jeden Tag. Also lasst euch das hiermit mal von einem Patienten gesagt sein: Alles, was euch die Ärzte über die Sedierung sagen, ist wahr!

Ich würde es auch immer wieder nutzen, wenn es möglich ist und ich würde es jedem empfehlen! Und wenn Du gerade hier diesen Artikel liest, weil du dir diese Frage beantworten willst, dann sage ich dir nur: Mache es! Du wirst es nicht bereuen und du wirst begeistert sein!