Einleitung: Wenn das Netz einfach nicht will

Wer regelmäßig im ländlichen Raum oder im Wohnmobil unterwegs ist, ein Gartenhaus nutzt oder vielleicht sogar auf einem Hausboot arbeitet, kennt das Problem: schlechter oder gar kein Internetempfang. Kein 5G, kein DSL…manchmal bleibt einfach nur noch LTE übrig, was ja prinzipiell auch schnell genug ist. So ging es auch mir – und was zunächst als technisches Frustprojekt begann, entwickelte sich zu einer spannenden Lernreise.

Es hat mich viel Zeit, Geduld und Geld gekostet, um an diesen Punkt zu kommen. Deshalb möchte ich das Wissen gerne teilen.

In diesem Beitrag zeige ich dir, wie ich über Jahre hinweg meinen LTE-Empfang Schritt für Schritt verbessert habe – und wie du das auch schaffen kannst. So sparst du dir womöglich kostbare Lebenszeit 🙂

Der Anfang: LTE in der Pampa

Es begann vor etwa fünf Jahren. Ich hatte gerade ein kleines Gartengrundstück übernommen – irgendwo im Nirgendwo. Natur pur, absolute Ruhe, aber eben auch: Kein Kabelanschluss, kein Glasfaser, kein 5G, nicht mal vernünftiges LTE. Der Mast, auf dem sich alle meine Mobilgeräte einwählen, steht 2,3 Kilometer entfernt; erhöht auf einem Hügel. keine direkte Sichterbindung.

Da ich beruflich privilegiert bin und die Möglichkeit habe, von überall aus zu arbeiten, ist aber stabiles und performantes Internet Pflicht.

Damals dachte ich noch: „O2 Unlimited, das ist doch perfekt! Endlos Datenvolumen – was will man mehr?“ Was ich nicht wusste: Volumen ist nichts ohne Empfang. Und O2 hat meiner Meinung nach wirklich sehr schlechte Performance, sogar in Großstädten. Ich konnte kaum eine Website laden, geschweige denn ein Google Meet führen. LTE-Anbieter teilen die Bandbreite auf, indem sie den verfügbaren Funkfrequenzbereich dynamisch auf mehrere Nutzer in einer Funkzelle verteilen. Was bei O2 bedeutete: Kam ein Zug am nahegelegenen Bahnhof mit 200 Menschen an, dann war es das mit meiner eh schon langsamen Verbindung.

Mein LTE-Router stand auf dem Fensterbrett, ich habe ihn hochgehalten, umgedreht, auf den Schrank gestellt und letztlich sogar nach draußen unter das Vordach gehangen. Nichts half, denn es lag einfach auch an O2. Ich hatte nicht nur ein LTE-Signal-Problem, sondern auch ein Bandbreiten-Problem. 🙁

Und so begann mein kleiner LTE-Kampf.

Der Wechsel zur Telekom – und die ersten Schritte

Ich kündigte O2 und wechselte zur Telekom (Congstar), dem Anbieter mit der besten Netzabdeckung. Die Verbindung war etwas stabiler – aber immer noch weit weg von zuverlässig. Alles über den Handy-Hotspot ging, aber über meinen stationären LTE Router hatte ich immer wieder Unterbrechungen in Online Meetings.

Und an dieser Stelle muss ich einfach nochmal betonen, dass die Telekom einfach das beste Netz hat! Geht zu Congstar, wenn euch ein Telekom Vertrag zu teuer ist. Ist das selbe Netz.

Mein Router stand zunächst im Gartenhaus. Ich probierte alles: ans Fenster stellen, hochhalten, drehen, beten. Nichts brachte den erhofften Durchbruch. Es lag einfach auch am Signal bzw. am Empfang.

Das war mein erster LTE Router – noch im Haus und kurz über dem Fenster angebracht.

Außenantennen, Kabel und Frust – ein langer Lernprozess

Erste Verbesserung: Außenantenne

Ich montierte eine günstige LTE-Antenne außen an der Wand. Es war nicht wirklich besser. Wieso, das sollte ich später erfahren. (Spoiler: minderwertige Kabel und Rundstrahlantenne von Amazon und schlechte Ausrichtung)

LTE-Richtantenne: Mehr Fokus, aber auch neue Probleme

Mit einer Richtantenne konnte ich gezielter arbeiten. Das Signal war schon deutlich besser, doch das lange Antennenkabel ins Haus fraß die Hälfte des Signals. Das hat 1 Jahr gedauert, bis ich das verstanden habe.

Billige Kabel verlieren schnell bis zu 50 % Leistung auf dem Weg zum Router und damit war meine Richtantenne zwar prinzipiell eine gute Idee, aber mit 10 m Kabel fast nutzlos. Selbst bei gut isolierten Kabeln (die auch sehr teuer sind) verliert man pro Meter schon 0,25db, was bei 10 Metern Länge auch 2,5db Verluste verursacht. Und genau diese 2,5db können bei dem SINR-Werte schon die goldene Grenze sein.

Das war der Wendepunkt. Mit mehr Wissen um Signalverluste, Kabel usw. kamen neue Erkenntnisse.

Das war die mittlerweile dritte Antenne – LTE Richtantenne, prinzipiell super, aber die Kabel-Verluste! Der Mast, auf den ich ausrichte, steht übrigens 2,3 Kilometer entfernt.

Der Gamechanger: MikroTik LTE-Router für draußen

Ein Kollege riet mir dazu, gleich auf einen Outdoor-LTE-Router umzusteigen, weil der die Antenne schon eingebaut und man somit schonmal keine Antennenkabelwege und potentielle Verluste hat, und dann per LAN-Kabel ins Haus. Die maximale Länge eines Ethernet-Kabels ohne Geschwindigkeitsverlust beträgt 100 Meter(!).

Die Lösung: Ein Outdoor-Router mit integrierter Antenne – direkt an den Mast geschraubt, ohne Kabelverluste. (du kannst natürlich auch einen anderen nehmen) Ich entschied mich für den MikroTik SXT LTE6 kit mit Carrier Aggregation (CA), das heißt, er kann mehrere LTE-Bänder gleichzeitig nutzen.

Vorteile:

  • Keine Antennenkabel → keine Signalverluste
  • relativ günstig
  • Carrier Aggregation (CA) → bessere LTE-Auslastung
  • Ein einziges LAN-Kabel → 100 m Reichweite ohne Leistungsverlust
  • kein extra Stromkabel nötig, weil ein PoE-Injektor den Strom über das selbe Ethernetkabel zum Router bringt
  • Gerade mal 6W Stromverbrauch

Nachteile (bei diesem Modell):

  • meiner Meinung nach nichts für Laien
  • Einrichtung nicht intuitiv und aufwendiger

So richtest du deinen LTE-Outdoor-Router optimal aus

Schritt 1: LTE-Mast finden

Um den Router optimal auszurichten, musst du wissen, wo dein nächster LTE-Mast steht. So geht’s:

iPhone:

  1. Wähle in der Telefon-App: *3001#12345#*
  2. Du kommst in den Field Test Mode.
  3. Notiere dir Cell ID und eNB ID.

Android:

Apps wie NetMonster, LTE Discovery oder Network Cell Info zeigen dir diese Werte ebenfalls.

Dann: Cellmapper.net

Geh auf www.cellmapper.net, gib deine Cell ID ein und finde den genauen Standort deines Sendemasts – inklusive Ausrichtung der Antennen (Azimuth).

Du kannst auch deinen Anbieter fragen. Congstar hat mir z.B. mehrere potentielle Masten in meiner Umgebung mitgeteilt. Über eine Karte, z.B. Google Maps, siehst du ja, in welcher Richtung sich die Zelle befindet.

Schritt 2: Antenne ausrichten – aber richtig

Viele glauben: „Je höher der Mast, desto besser.“ Stimmt nicht immer!

  • Wenn nur Bungalows, Zäune oder kleine Bäume im Weg sind, reicht es oft, wenn der Router knapp über dem Dach montiert ist, also 3-4 Meter in meinem Fall
  • LTE Funksignale werden in einem leichten Winkel nach unten abgestrahlt, weil sich logischerweise alle Endgeräte wie Smartphones am Bodenbefinden. (deshalb muss man auch nicht unbedingt in die Höhe)
  • Je höher du gehst, desto mehr “LTE-Lärm” (Interferenzen) empfängt die Antenne. Das verschlechtert den SINR-Wert.
  • Einfach mal herumprobieren, auch mit Millimeterschritten (hoch – runter, links – rechts)
  • Wenn du keine freie Sicht auf den Mast hast, dann orientiere dich grob an der Position der Station auf der Cellmapper-Karte und probiere herum

Manchmal sind es Millimeter!

Ganz wichtig, wenn du die Antenne ausrichtest: Probiere rum, auch in kleinen Millimeter-Schritten nach links oder rechts, oben und unten. Kleinste Änderungen in der Ausrichtung können bereits enorme Verbesserungen haben. Siehe Bild unten, da konnte ich den SINR-Wert nochmal deutlich in die stabile Zone holen und erreiche sogar max. Peaks von 17-18db. Und dabei habe ich den Router gerade einmal ein paar Millimeter, vielleicht einen Zentimeter nach rechts gedreht.

Praxistipp:

Montiere hinter und seitlich vom Router ein Blech oder Reflektor (falls es das als Originalteil gibt) – das blockiert Störsignale von anderen Richtungen und kann den SINR-Wert spürbar verbessern. Das hat bei mir sofort +3db SINR gebracht

Die wichtigsten LTE-Werte (und welcher wirklich zählt)

Beim Ausrichten deines LTE-Routers wirst du über viele Werte stolpern:

  • RSRP (Signalstärke)
  • RSRQ (Qualität des Empfangs)
  • SINR (Signal-Rausch-Verhältnis)

💡 Am wichtigsten ist der SINR-Wert – er entscheidet, ob deine Verbindung stabil und schnell ist. Ein hoher SINR (z. B. > 10 dB) ist ideal.

🔧 Viele drehen nur auf besten RSRP – aber ein hoher SINR ist das eigentliche Ziel!

So siehts aktuell aus und meistens konstant: 50 MBit Down und 20MBit Up sind in meinem Tarif die Maximalwerte. Läuft!

Gamechanger 2: Isolator / LTE-Lärmschutz

Ich hatte ja bereits den Isolator erwähnt, der die Antennen und das Gerät quasi vor anderen Signalen abschirmt. Das Originalteil ist immer noch nicht da (Danke an GLS für garnichts), aber ich habe das einfach mit einem Stück Dachblech gelöst. Ich konnte somit nun nochmal ein paar db Gewinn erzielen und die Qualität deutlich verbessern. Baut euch das unbedingt dran!

Selbstgebauter LTE-Lärmschutzer / Isolator aus einem Dachblech
Mittlerweile ist der Original Isolator vom Mikrotik angekommen. Sieht jetzt final so aus.

MTU-Optimierung: Finetuning der Stabilität

Neben Antenne, Router und Ausrichtung gibt es noch eine Stellschraube, die viele gar nicht auf dem Schirm haben: die MTU. Das ist die maximale Größe von Datenpaketen, die über deine LTE-Verbindung verschickt werden. Standardmäßig stehen die meisten Router hier auf 1500 Bytes, was in vielen Fällen auch passt.

Manchmal kann es aber helfen, die MTU leicht zu verkleinern. Warum? Sind die Pakete zu groß, kann es passieren, dass sie unterwegs zerlegt werden müssen. Das sorgt für mehr Verzögerung und im schlimmsten Fall für Abbrüche. Setzt man die MTU etwas niedriger (z. B. 1480 oder 1492), werden die Pakete stabiler übertragen, auch wenn die Verbindung „holprig“ ist.

Wichtig ist: Das ist kein Wundermittel für mehr Speed, sondern eher ein Feintuning für mehr Stabilität – zum Beispiel bei Videokonferenzen, VPNs oder Online-Games. Du solltest hier nur dran schrauben, wenn du Paketverluste (packet loss) hast.

Das kannst du beispielsweise mit https://speed.cloudflare.com/ testen.

Noch ein paar Extra-Tipps zur Optimierung

  • CAT-Klasse beachten: Achte beim Kauf auf mindestens CAT6 oder CAT12 für schnelles LTE mit Carrier Aggregation.
  • Nimm keine externe Antenne – die Verluste, die durch das Kabel enstehen, kriegst du nicht kompensiert. Nimm gleich einen Outdoor-LTE-Router
  • Bei der Ausrichtung rumprobieren – in kleinen Schritten Ausrichtung ändern und messen. Manchmal sind es Millimeter.
  • LAN statt Antennenkabel: Ein LAN-Kabel verliert auch auf 100 m kaum Signalqualität. Lieber einen Outdoor-Router direkt am Mast montieren. Denk bei dem Kabel an den UV-Schutz, da es draußen der Sonneinstrahlung und Wetter ausgesetzt ist.
  • Isolatoren & Schirmung: Wenn dein Empfang schlecht ist, helfen selbstgebaute Schirmbleche oder Reflektoren gegen unerwünschte Signale.
  • Firmware-Update & LTE-Lock: Manche Router erlauben es, auf bestimmte LTE-Bänder zu locken (z. B. nur Band 3). Das kann helfen, Störungen zu reduzieren. Du kannst bei jedem LTE-Router im Backend auch das Band auswählen. Manchmal ist eine bestimmte Band-Kombination, z.B. 1 + 8 besser. Probiere da ruhig rum.

Der Kostenfaktor

Ein gutes Setup muss nicht teuer sein:

  • z.B. MikroTik Outdoor-Router: MikroTik SXT LTE6 kit (RouterOS L3)
  • LAN-Kabel: UniFi Patch Cable Outdoor – Cat5e, 8m (Router und Kabel 119€)
  • Isolator / LTE-Lärmschutz: oft reicht ein Stück Alublech (Originalteil hat 23€ gekostet)
  • Mast / Wandhalterung: Man kann auch einfach eine SAT-Halterung nehmen, kostet 25€

Es gibt auch noch andere Ooutddor-Router und Profi-Geräte, die kosten aber über 200€.

Verglichen mit einer teuren LTE-Antenne plus 10 m High-End-Kabel (das ggf. trotzdem Verluste hat) fährst du mit einem Outdoor-Router besser und günstiger.

Fazit: Besseres LTE – auch ohne 5G

Auch ohne 5G oder Glasfaser ist stabiles Internet auf dem Land möglich. Mit dem richtigen Setup, Outdoor-Hardware und ein paar Tricks kannst du sogar Videokonferenzen und Streaming zuverlässig nutzen.

Mein Tipp: Nicht aufgeben, nicht auf den Anbieter schimpfen – sondern gezielt optimieren.

Happy End:

Für LTE garnicht schlecht, oder? Das haben manche Leute aus der Dose. 🙂 Klar ist die Latenz (Ping) nicht wie bei einem Kabelanschluss, aber immer noch im Rahmen.

FAQ – häufige Fragen

Kann ich die Tipps und Anleitungen an jedem Standort nutzen?

Ja! Es spielt keine Rolle, ob du in einem Wohnwagen bist, auf einem Boot oder in einem Gartenhaus. Das Sender-Empfänger-Prinzip ist bei LTE und anderen Signalen überall gleich. Solltest du dich aber in einem Objekt befinden, was sich bewegt (Hausboot, Wohnmobil) würde ich mir womöglich aber lieber ein Gerät mit Rundstrahlantennen zulegen, damit ich das nicht immer wieder ausrichten muss. Aber im Prinzip muss man das Ding ja nur einmal drehen, wenn man weiß, wo der Mast steht.

Brauche ich wirklich einen Outdoor-Router?

Wenn du kein gutes Signal im Haus bekommst: Ja. Du sparst dir Signalverluste durch lange Kabel und bekommst das Signal direkt an der Quelle.

Warum sollte der LTE Router CA (Carrier Aggregation) haben?

Weil diese Geräte mehrere LTE-Bänder bündeln können und du somit theoretisch mehr Speed und Stabilität erreichst.

CA wird in Deutschland sowohl von der Deutsche Telekom, O2 Telefónica als auch bei Vodafone genutzt. Es liegt natürlich auch am Tarif/Vertrag. Informiere dich vorher.

Was ist mit LTE-Verstärkern?

Auf keinen Fall benutzen. GSM-Repeater sind grundsätzlich illegal, wenn sie ohne Genehmigung betrieben werden. Außerdem verstärkst du womöglich nur ein verschmutztes, schlechtes Signal.

Warum?

  • Mobilfunkfrequenzen sind in Deutschland reguliert.
  • Der Betrieb eines GSM-Repeaters kann den Mobilfunkverkehr stören, auch für andere Nutzer.
  • Nur Mobilfunknetzbetreiber oder von ihnen autorisierte Unternehmen dürfen solche Geräte einsetzen.
  • hohe Geldstrafen drohen

Warum nicht Starlink?

Das hat bei mir individuelle Gründe. Prinzipiell wäre Starlink verfügbar, aber das ist dann wieder an monatliche Kosten geknüpft (derzeit 29€ / Monat). Und da ich hier lediglich ein Wochenendhaus habe und maximal über die Sommermonate hier bin, lohnt sich das nicht. Ich habe eine Multi-Sim-Karte über meinen Vertrag, die monatlich kündbar ist und nur 5€ im Monat kostet. Aber grundsätzlich kannst du auch über Starlink nachdenken.

Was ist der SINR-Wert?

SINR steht für „Signal to Interference + Noise Ratio“. Er zeigt das Verhältnis von Nutzsignal zu Störsignal. Je höher, desto besser. Ziel: über 10 dB. Das sollte bei der Ausrichtung dein Fokus sein.

Wie finde ich den besten Montageort?

Probiere verschiedene Positionen aus – manchmal ist „etwas tiefer“ besser als „so hoch wie möglich“. Nutze Apps oder die Weboberfläche des Routers, um live die Signalwerte zu messen.

Was ist Carrier Aggregation (CA)?

Das ist die Fähigkeit des Routers, mehrere LTE-Frequenzen gleichzeitig zu nutzen – für höhere Geschwindigkeit und stabilere Verbindung. Dein Router sollte das können (ab CAT6).

Was ist ein Isolator / LTE-Lärmschutz?

Er dient dazu, Störungen durch andere elektronische Geräte zu reduzieren und die Signalqualität zu verbessern. Er schirmt die Antenne quasi gegen andere Störungen und überlagernde Signale besser ab, was die Signalqualität am Gerät deutlich verbessert.