SEO-Kosten und Angebote: Warum es schwierig ist mit Pauschalpreisen zu arbeiten

Erst letztens habe ich wieder eine schmerzliche Erfahrung wegen der Preisgestaltung eines SEO-Angebots gemacht. Der (potenzielle) Kunde fragte SEO für eine Seite an, die noch nicht einmal existierte und erwartete von mir, dass ich ihm aus dem Stehgreif ein konkretes Preisangebot unterbreiten kann.
Als ich antwortete, dass man das nicht pauschal sagen kann und anfing Detailfragen zu stellen, hatte sich die Sache schon erledigt. Man warf mir vor „ich müsste doch wissen was das genau kostet!“.
Das wäre ja so, als würde ich eine IT-Consulting Firma anfragen:
„Ich brauche Serverbetreuung. – Wie viele Server haben Sie? Eher Büro oder Datenbanken? Schnittstellen? Was für Software setzen Sie ein? – Weiß ich noch nicht, aber sie müssen doch wissen was das kostet!“ NEIN!
Man kann SEO nicht pauschal in festen Aufwand pressen. Warum das so ist und wieso es aber auch berechtigte SEO-Pauschalpreise gibt, das will ich in diesem Beitrag behandeln.

SEO von der Stange

Wer einfache Preise, Pakete oder SEO von der Stange haben möchte, bitte schön. Diejenigen sollten sich aber später nicht beschweren, wenn nicht gründlich oder suboptimal gearbeitet wurde, oder aber das gewünschte Ergebnis nicht erreicht wurde weil die finanziellen Mittel nicht ausreichten oder falsch eingesetzt wurden.
Es ist wie mit einer Pauschalreise: Ich zahle für ein festgelegtes Dienstleistungspaket, aber wenn ich auf einmal doch 5 Sterne und eine Wüstensafari zu den Nomaden möchte dann kostet es extra. Oder noch schlimmer: Ich stelle bei Reiseantritt fest, dass ich gar nicht nach Ägypten wollte.

Noch mal: Ich sage nicht, dass es bei SEO keine Pauschalpreise geben darf, aber man sollte ganz genau schauen welche Leistungen darin enthalten sind. Unternehmen sind so unterschiedlich wie die Menschen die sie führen. Wer individuelle Leistungen möchte, darf von Dienstleistern keine Pauschalpreise verlangen und umgekehrt: Wer individuelle Leistungen und flexible Arbeitsweisen anbietet, darf keine Pauschalpreise anbieten.

SEO-Pauschalen machen Sinn, wenn der Kunde genau weiß was er bekommt

Pauschalen im SEO-Sektor halte ich persönlich für unseriös. Nicht weil das etwa gut für den Kunden ist, sondern weil das ein Warnsignal für schlechte Arbeit sein kann. Wenn ein SEO, ohne Fragen zu stellen und ohne eine (wenigstens grobe) Marktanalyse zu machen, einen Preis nennen kann…Sorry, das kann nicht seriös sein. Wer mit Pauschalpreisen arbeitet, verkauft auch pauschale und unflexible Leistungen.
Wir wissen alle, dass es unterschiedliche Branchen und Märkte gibt. Das ist im Online-Business nicht anders. Und dementsprechend gibt es auch Branchen und Märkte, wo man mehr Budget für Onlinemarketing ausgeben muss als bei anderen, z. B. Nischen- oder lokal begrenzten Märkten.

Es gibt einen riesengroßen Unterschied zwischen z. B. Last-Minute-Reisen und z. B. einem GPS-Halsband für Katzen. Es geht um Marktgröße und Konkurrenz. Logisch, oder?

SEO-Pauschalen machen Sinn, wenn der Kunde weiß was er will

Es gibt auch affine Kunden, die genau wissen was zu tun ist. Diese seltene Gattung möchte durchaus mit Pauschalen arbeiten. Dann wird konkret angefragt: „Ich brauche OnPage Optimierung auf Keywords X,Y,Z“ oder „Ich benötige 100 Backlinks innerhalb Zeit X mit PR XY“. Wir sehen, dass sind konkrete Aufgabenstellungen, welche sich durchaus mit Pauschalpreisen handhaben lassen. Da gibt es kein links und rechts. Sollten aber Erfolgsvorgaben ins Spiel kommen, dann ist ein Pauschalpreis automatisch hinfällig. (siehe SEO Prozess und Marktanalyse / Erfolgsaussichten)

Pauschalen können aber funktionieren, wenn man z. B. einen Monitoring- oder Linkbuildingvertrag abschliesst. Hier kann man ja mit „Aufwands-Peaks“ arbeiten, d. h. man nimmt einen erfahrungsgemäßen Durchschnitt des möglichen Aufwands plus eine Pufferzone. Solange man das Angebot transparent gestaltet, sind die meisten Kunden damit absolut glücklich.

Vor allem bei längeren Dienstleistungsverträgen und späteren Routinephasen des SEO-Prozess halte ich Pauschalen durchaus für angemessen. Als Agentur kann man so mit einem festen Einkommen rechnen und als Kunde mit einer fixen Kostenstelle.

SEO-Angebot – Transparenz und Aufklärung ist Aufgabe des Dienstleisters

Es liegt auf der Hand, dass die meisten Kunden nicht wissen, was im Bereich SEO möglich ist und was die einzelnen Maßnahmen kosten. Und man darf als SEO-Dienstleister auch nicht erwarten, dass die Kundschaft so etwas weiß. Meiner Meinung nach, ist es Aufgabe des Dienstleisters, den Kunden ausführlich über Maßnahmen, Aufwand, Nutzen und Kosten zu informieren. Gleichzeitig darf man aber von Kundenseite erwarten, dass diese sich auch beraten lässt und Notwendigkeiten versteht.
Man sollte sich als SEO früh entscheiden, ob man einfach Geld verdienen will oder ob man sich auf den Kunden einlässt und sich die Zeit nimmt, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und dabei das Beste für den Kunden herauszuholen.

Warum man SEO-Aufträge auch mal ablehnen sollte, habe ich in diesem Beitrag schon einmal beschrieben.

SEO braucht Zeit

Man hört ja immer wieder, dass zwischen Kunde und SEO-Dienstleister Jahresverträge gemacht werden. Das finde ich aber absolut normal wenn man bedenkt, dass die Suchmaschinen einige Zeit brauchen um Änderungen zu indexieren und man selbst ja auch einige Zeit benötigt um Änderungen zu bemerken und wiederum effektiv zu reagieren. Wenn man seinen Job richtig gründlich macht, dann kann man davon ausgehen, dass es bei SEO mehrere „Optimierungsschleifen“ gibt, was nur innerhalb eines größeren Zeitraums möglich ist. Von daher finde ich längere Vertragszeiten absolut ok, solange sich auch Ergebnisse und positive Änderungen einstellen.

Beispiel:

Ein Onlineshop soll suchmaschinenoptimiert werden. Allein mit der Markt- und Wettbewerberanalyse, der Suche nach möglichen Nischen und den dazugehörigen Keywords kann man schnell mal 1 – 2 Wochen beschäftigt sein, je nach Branche und Seite natürlich und je nach dem wie genau und gründlich man es macht. Auch hier hängt der Aufwand vom Einzelfall ab.
Eine gründliche Marktanalyse halte ich persönlich übrigens für den wichtigsten Schritt, den man im Vorfeld machen sollte noch bevor man überhaupt über notwendige Maßnahmen sprechen sollte.
Dann wird die Seite OnPage optimiert, was im Einzelfall auch locker 1 – 2 Wochen dauern kann. (Ich geh in meinem Beispiel mal davon aus, dass sich ein einzelner SEO nicht Vollzeit damit beschäftigt) OffPage Aktivitäten werden gestartet.
Jetzt sind schon 4 Wochen rum und ich bin gerade erst mit der OnPage Optimierung fertig. Jetzt dauert es noch einmal rund 2 Wochen (bei Yandex sogar noch länger!) bis diese Optimierungen im Google-Index aktualisiert sind.
Nach insgesamt 6 (beispielhaften) Wochen habe ich jetzt also die ersten Ergebnisse und sehe erneut Potenzial für Optimierungen, Änderungen und Anpassungen. Sagen wir das dauert, inklusive Reporting, Kundenkorrespondenz und Strategieabsprachen noch einmal rund eine Woche.
(Reminder: Wir rechnen hier nicht damit das ein SEO Vollzeit an diesem Projekt sitzt)
Bis ich die nächsten Veränderungen messen kann, vergehen nochmals ca. 2 Wochen.
Anhand des Beispiels kann man sehr gut erkennen, warum SEO nur langfristig erfolgreich sein kann.
Es vergehen meist schon ca. 6 – 8 Wochen bis die SEO-Maschinerie überhaupt erst mal warmgelaufen ist.

Einmalige Prozesse, wie z. B. die On-Page Optimierung, können eine Starthilfe geben, werden aber niemals 100% aus SEO herausholen. Wie SEO idealerweise aussehen kann, das erläutere ich im folgenden Marketing-Exkurs.

Kleiner Ausflug: Der Prozess der Marktanalyse (nicht vollständig)

Wie eben erwähnt, halte ich die Marktanalyse im Vorfeld für einer der wichtigsten Schritte überhaupt. Sie gibt Aufschluss über die aktuelle Lage, über Erfolgsaussichten und mögliche Strategien.
Online ist auch ein Markt und SEO ist nur ein Marketinginstrument des Onlinemarketing und Onlinemarketing ist wiederum auch nur ein Instrument des Marketing.
Betrachten wir deshalb SEO im Kontext der klassischen Marktanalyse. Die Erkenntnisse daraus bilden später das Fundament für die Wahl der SEO-Strategie und das einzusetzende Budget.

Mit „Markt“ ist im folgenden natürlich der Markt des Kunden gemeint.

Marktpotenzial – Wie innovativ ist das Produkt / Dienstleistung? Wie erfolgreich kann es sein?
Marktvolumen und Marktentwicklung – Wächst der Markt noch? Ist der Markt gesättigt oder schrumpft er sogar? (Wachsen, Stagnieren, Schrumpfen)
Marktstrukturierung nach Teilmärkten – Habe ich einen lokalen Markt oder einen globalen? Habe ich mehrere Produkte / verschiedene Dienstleistungen und damit auch verschiedene Kundentypen? Brauche ich verschiedene Vertriebskanäle?

Konkurrenzanalyse – Wer sind meine Mitbewerber? Was bieten sie an? Wer ist Marktführer? Wieviel Kapital wird eingesetzt? Organisation und Sortiment?
Das sind nur ein paar der Fragen, die man sich stellen sollte, noch bevor man überhaupt an SEO-Maßnahmen oder eine SEO-Strategie nachdenkt. Das hat noch absolut nichts mit SEO oder SEM zu tun, das ist trockene Statistik, Markt- und Wettbewerbsrecherche und absolut notwendig, um später bei der Wahl der SEO-Strategie die richtige Entscheidung zu treffen und das richtige Marktsegment zu penetrieren.
Wenn ich bei der Martktanalyse z.B. schon sehe, dass es große und mächtige Wettbewerber gibt (z. B. Amazon – Markteintrittsbarrieren), dann muss ich allein schon den Budgetplan anpassen oder später eine Nischenstrategie entwickeln.
Da SEO auch schnell kostenintensiv werden kann, sollte man auch unbedingt über den ROI reden. Je nach Strategie, können sich Erfolge erst relativ spät einstellen. Ausreichend Budget sollte dann also vorhanden sein. Der Kunde hat nichts davon, wenn sein Marketingbudget auf halber Strecke verbraucht ist und die Verkaufzahlen immer noch am verdursten sind.
Hier sehe ich übrigens den größten Kritikpunkt der SEO-Pauschal-Angebote. Es wird zu oft einfach nur Geld abgeschöpft ohne das die Maßnahmen wirklich im Sinne des Kunden sind.

Wir merken also: Analyse comes first!

SEO im Marketing Prozess

Auf dem Bild ist der Marketing-Prozess in 5 Schritten dargestellt, basierend auf Kotler. Author=Grochim
Das Marketing-Prozess-Modell nach Kotler lässt sich auch auf den SEO-Prozess übertragen:

Marktforschung:
Was machen meine Mitbewerber an SEO? (OnPage und OffPage)
Wie groß sind sie (die Webseiten)? (Sichtbarkeitsindex, Rankings)

SEO Analyse der eigenen Webseite (OnPage / OffPage)

Zielformulierung:

Was will ich mit SEO erreichen? (Umsätze / Conversions / Bekanntheit steigern)

Strategiefestlegung:

Gibt es Nischen? (SEO Nischenstrategie / Long Tail Keywords / Exact Match)

Marketingmix:

Konkrete Maßnahmen (z.B. OnPage Optimierung auf Keyword XYZ, Linkbuilding im Blogger Segment, Ergänzung durch SEA, Koppelung von SEO und PR)

Marketing-Controlling:

Messen, Nachbessern, Vergleichen der SEO-Maßnahmen (es soll festgestellt werden, welche Wirkung SEO auf die Gewinnentwicklung des Unternehmens hatte)

An diesem Punkt zeigt sich bereits, ob SEO erfolgreich durchgeführt wurde, aber auch weiteres Optimierungspotenzial. Wie ich schon oben im Abschnitt „SEO braucht Zeit“ erwähnt habe, vergehen zwischen Durchführung und Controlling immer einige Wochen. Um SEO zu perfektionieren, muss man diesen Kreislauf mehrfach wiederholen und das kann auch schon mal 1 Jahr dauern.

Warum kann man denn jetzt SEO nicht in einfach Zahlen packen?

Wir sehen bis hier, dass SEO nur ein kleines Rädchen in der Marketingmaschine ist. Aber auch diese kleine Stellschraube will justiert und geölt sein. Eine intensive Planung und Analysen sind absolut notwendig um erfolgreich SEO zu betreiben.
Natürlich kann man bei SEO-Angeboten auf Erfahrungswerte zurückgreifen und mit Stundensätzen arbeiten. Das ist aber meist für beide Seiten unbefriedigend.
In den meisten Fällen ist es aus dem Stand schwer, den wirklichen Aufwand abzuschätzen und in Preisen auszudrücken. Man kann sicherlich auch schätzen, aber dann würde man sich im worst case entweder selbst um das Geld bringen oder aber dem Kunden zuviel abnehmen. Außerdem haben Schätzungen nichts mit Transparenz zu tun.
Wir können auch große Preisunterschiede sehen, wenn wir uns verschiedene Branchen betrachten. Wie schon erwähnt, gibt es Branchen, die aus Sicht des Onlinemarketing einen hohen Wettbewerb haben (z. B. Anwälte die bei Abmahnungen helfen) aber auch Bereiche die so extrem Nische sind, dass man dort auch mit wenig Budget erfolgreich sein kann (z.B. Super Laser GPS Halsbänder für Katzen ab 20 Jahren).
Die Wettbewerbsunterschiede in den verschiedenen Branchen schlagen sich natürlich auch auf die Preise nieder, z. B.
– CPC (AdWords)
– Preise für Blogartikel / Advertorials
– Anzeigenpreise / Bannerwerbung
– Linkkosten
– Backlinkkosten
Zugegeben, haben von diesen Punkten nicht alle etwas direkt mit SEO zu tun, aber es drückt aus worauf ich hinaus will.
Hat man jetzt einen Kunden, der sich in einer High Competiton Area bewegt (und damit auch bei SEO) dann hat man nicht nur generell erhöhte Kosten, sondern muss wahrscheinlich auch noch das x-fache mehr aufwenden, als bei einer Nischenbranche.

Man müsste schon jede vorstellbare Branche, jede vorstellbare Konkurrenzsituation und alle möglichen Preise kennen, um sofort ein genaues und konkretes SEO-Angebot machen zu können.

Fazit

Ich bin im Endstadium des Schreibens etwas vom Hauptthema abgekommen. Ich hoffe ihr konntet mir trotzdem folgen und den Bezug zum klassischen Marketing und die Notwendigkeit von analytischer Denkweise im Vorfeld sehen.
Ich will pauschale SEO-Angebote und Paketpreise nicht allgemein verteufeln. Ich will vielmehr die Wichtigkeit von Recherche und Gründlichkeit aufzeigen, die ein erfolgreicher SEO-Prozess eben benötigt. Ich weiß auch, dass es für SEO oft schwierig ist, weil die Kunden natürlich oft sofort ein Angebot wollen und weder reden noch diskutieren möchten. Trotzdem sollte man den Anspruch an SEO und seine eigene Arbeitsweise nicht unter Zeitdruck setzen. Man sollte gemeinsam mit den Kunden in den Beratungsprozess gehen. Ich kann aus meiner Erfahrung sagen: Wenn man dem Kunden sagt, dass man für ein Angebot noch diverse Informationen und etwas Zeit für Recherchen benötigt, dann ist das genauso legitim wie ein Schneider der einen erstmal genau vermisst.

Man gibt dem Kunden auch kein gutes Gefühl, wenn man ihm mit „All you can eat“ – Angeboten umgarnt oder „All inklusive“ – Preisen. Der Kunde möchte das Gefühl haben, dass man sich seiner annimmt und das man gute und gründliche Arbeit macht. Und letztlich auch das er weiß, wo sein Geld hingeht.

Kritik

Kritisch könnte man meinem Beitrag anmerken, dass SEO in der Praxis eben nicht so „nach Plan“ durchgeführt wird und trotzdem erfolgreich sein kann. Auch muss man sagen, dass es sicherlich Anbieter gibt, die mit ihren Paket- und Pauschalpreisen durchaus gute Erfahrungen gemacht haben.
Wenn man über die Jahre den Aufwand besser abschätzen kann und einige gängige Marktbereiche wie z. B. Reisen, Finanzen und Shopping kennt, dann ist es durchaus machbar, dem Kunden ein konkretes Angebot zu machen. Man kann daher schlecht pauschalisieren (höhö).
Weiterhin muss man die verschiedenen Spezialisierungen erwähnen, die es mittlerweile in der SEO-Branche gibt. Da gibt es Spezis nur für Linkbuilding, für Blackhat, für OnPage usw.
Spezialisierung ist ein Teil des Entwicklungsprozess einer Branche. Deshalb kann man hier schwer globale Aussagen über den gesamten SEO-Bereich treffen.