Schlechte SEO – Wenn der Pinguin nur ein Tier ist


Seitdem ich SEO-Workshops und Seminare gebe, habe ich immer wieder mal Teilnehmer, die in der Onlinemarketing-Abteilung eines Unternehmens sitzen oder bei einem Internetportal arbeiten.

Natürlich bekomme ich dann immer auch direkte Fragen über konkrete Probleme aus der Praxis gestellt.
Dieses Mal war eine Studentin von ihrem Chef beauftragt worden, sich dem stetigen Ranking-Untergang der Firmenwebseite anzunehmen. Nachdem ein „SEO“ (in ganz großen Anführungszeichen) die Seite am Wickel hatte, haben sich alle Rankings konsequent verschlechtert. Der SEO hat sich jedoch rausgeredet und die Schuld auf den Content der Seite geschoben. Nun sitzt sie in dem Schlamassel.
Diese Studentin saß wohl u.a. wegen dieser Verschlechterung in meinem Workshop, um das komplexe Thema SEO besser zu verstehen. Heute hatten wir uns dann zufällig noch einmal in der Hochschule getroffen und ich habe ihr den Sachverhalt, wie im Folgenden recherchiert und argumentiert, mal aus meiner Sicht dargelegt. (Schöne Grüße an dieser Stelle!)  

Es gibt scheinbar immer noch Leute, die dubiosen „Suchmaschinenoptimierern“ und deren Praktiken aufgesessen sind und, bei Misserfolg, die dümmsten Erklärungen schlucken müssen.

Linkbuilding in den Keller der SERP

 
Als letztes war bei Firma X wohl ein SEO beauftragt worden, der dem Chef auf Nachfrage unmissverständlich mitteilte, dass das Verlassen des „Sonnensystems der Auffindbarkeit“ wohl kaum an seinem Linkbuilding liegen kann, sondern eher am Inhalt der Internetseite (der sich jedoch angeblich nie geändert hat). Diese dümmliche Antwort wurde nach ca. 2000€ scheinbar unhinterfragt geschluckt und hingenommen. Allerdings erzählt mir das Backlinkprofil dann doch eine ganz andere Geschichte…

 

Ein Blick in die Backlinkhistorie der betroffenen Seite verrät: Hier war Anfang 2013 jemand in Sachen Linkbuilding massiv zu Gange. (Aus datenschutzrechtlichen Gründen muss ich im Folgenden leider auf Domain und konkrete Daten verzichten)
 
Bis auf ein kurzes Aufbäumen des Sichtbarkeitsindex (Abb. unten), hat das der Webseite allerdings mehr Schaden als Nutzen eingebracht.
Wie man in nachfolgendem Screenshot sehen kann, wurden hier, im Vergleich zum organischen Linkflow, überdurchschnittlich viele Links aufgebaut. Das Wort „Pinguin“ muss dem Verantwortlichen wohl nur aus dem Tierreich bekannt gewesen sein.

Die Liste der Linktexte möchte ich aus o.g. Gründen hier nicht veröffentlichen, ich kann Euch aber versichern, dass hier auch noch auf eindeutige harte Money-Keywords verlinkt wurde. Ein absolut unnatürliches Linkprofil.

Trust Flow 0, Citation Flow 0

Dann hab ich mir auch noch die Werte der Linkspender-Domains angeschaut. Leider konnte ich den Backlinkzuwachs nicht nach Zeiträumen ordnen und musste deshalb mutmaßen was passiert ist.
Die Domain hat aktuell ca. 7.500 Backlinks. Seolytics listet mir diese auf insgesamt 59 Seiten auf. 30 (!!!) Seiten davon, also mehr als die Hälfte aller Backlinks, zeigen Quell-Domains mit einem Trust- und Citation Flow von 0. Wie wertvoll diese Linkgeber sind, das verbildliche ich Euch gerne kurz:

Morgens wie gewohnt aufs Klo gehen, nicht spülen, ins Klo gucken, Wert auslesen, fertig.

Billige Wiki Seiten, Kommentar-Spam, Webkataloge und englischsprachige Artikel auf deutsche Keywords

Ich nehme mal an, dass der betroffene Webseitenbetreiber nicht das nötige Wissen hat, um die Argumentation des „SEO“ zu prüfen. Stichproben bei den linkgebenden URL zeigten nur wertlose Wiki Sites mit amerikanischer IP mit englischsprachigen Artikeln, Webkataloge, Kommentar Spam auf Blogs und anderen Müll. Vor allem bei den Wiki Seiten wurde teilweise mehrfach in einem Artikel auf harte Money Keys verlinkt. Abgesehen davon, dass die Artikel auch noch alle identisch sind. Alles wertlos und bei dieser Masse der Links sogar noch schädlich.

2000€ kann man auch verbrennen, da hat man es wenigstens kurz warm

In diesem Beispiel hat der Betroffene 2000€ dafür bezahlt, dass die Seite vom Pinguin-Update bis auf Weiteres in den Kartoffelkeller geschickt wurde. Das Linkbuilding hat dieser Seite mehr geschadet als genützt und es dürfte den Betroffenen nun nochmals Zeit und Geld kosten, die Schäden wieder zu beheben. Wäre das mein Portal, so würde ich den Typen wahrscheinlich auf Schadensersatz verklagen…oder mindestens dazu verdonnern, seine Müll-Links zusammen zu kehren und den alten Zustand wieder her zustellen.

Und allgemein: Wenn das Ranking einer Webseite nach dem SEO-Prozess so gravierend schlechter ist als vorher, dann hat jemand seinen Job nicht richtig gemacht. Da spielt es imho auch keine Rolle, woran es nun genau gelegen hat.

Mein Fazit an die Kundenseite

Wenn Eure Rankings nach dem SEO-Prozess noch schlechter dastehen als vorher oder sogar konstant immer schlechter werden, dann ist es Zeit zu hinterfragen. Lasst Euch nicht mit lapidaren Ausreden abspeisen. Konfrontiert den SEO, er soll doch seine Arbeit bitte im Detail reporten und darlegen, was er genau gemacht hat und wann. Ausreden wie „Das liegt am Content der Seite“ oder „Am Wetter“ sind keine kompetenten Erklärungen. Scheisse bauen und einfach mit dem Geld abziehen, das ist kein schönes Verhalten. Zur Not zieht Ihr Euch (wie in meinem Beispiel) einen anderen fachlichen Rat hinzu.

Im eindeutigen Schadensfall würde ich den SEO dazu verdonnern, den Schaden zu reparieren. Wenn jemand so schlampig, amateurhaft und nachlässig arbeitet und dadurch die Existenz eines Unternehmens in Gefahr bringt, da würde ich persönlich bis vors Gericht ziehen.
Aber natürlich kommt es immer auf den Einzelfall an. Man kann pauschal nicht sagen, dass ALLE SEO schlechte Arbeit machen. Ich sage nur, dass man kritischer hinterfragen sollte, wenn es negative Ergebnisse gibt.
Und wie mein Beispiel zeigt, gibt es sie immer noch: Die SEO für die Pinguine nur Tiere sind.