Die investigative Produkterfahrung ist das vorsätzliche (unfreiwillige) Erleben und Benutzen eines Produkts (oder Dienstleistung), die in Bezug auf die werbliche Kommunikation im SEM echte Produkterfahrungen und neue Aspekte in Bezug auf Bedarfsgruppen, praktische Verwendbarkeit und Anwendbarkeit liefern soll. Mithilfe dessen soll der Werbende die Kommunikation von Mehrwerten, Anwendbarkeit und Produkteigenschaften bei Wordings und Produkttexten in Bezug auf Zielgruppenansprache und Content-Marketing verbessern können.
Ich habe mich ja bereits in der Vergangenheit sehr viel mit Zielgruppenbestimmung, Zielgruppenansprache und den kommunikativen Aspekten im Suchmaschinenmarketing (SEM) beschäftigt. Heute möchte ich noch einen Schritt weiter gehen und auf einen Ansatz eingehen, der vielmehr mit dem Verhältnis des beworbenen Produkts und dem Werbetreibenden selbst zu tun hat: Die investigative Produkterfahrung.
Der folgende Beitrag wird die Vorzüge dieser Vorgehensweise herausarbeiten und Zusammenhänge zu Konsumenten- und Werbepsychologie sowie Effekte erläutern. Zur Veranschaulichung habe ich an den passenden Stellen auch Beispiele und Abbildungen eingefügt.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Eine Bedarfsgruppe beschreibt grob alle potenziellen Anwender. Die Zielgruppenbeschreibung beschreibt eine mögliche potenzielle Kundengruppe. Eine Persona beschreibt Charakteristika dieser Zielgruppe. Die investigative Produkterfahrung geht jedoch auf die Anwenderebene und beschäftigt sich mit dem Produkt, seinem Nutzen und seiner Anwendbarkeit.
Der große Unterschied in der Vorgehensweise ist, dass die Produkterfahrung und das Nutzungserlebnis womöglich noch ganz andere Bedarfsgruppen – und somit Zielgruppen – aufzeigen kann als die, die sich alleine durch das Anwendungsgebiet oder der Beschreibung eines Produktes ergeben. Durch das vorsätzliche und aktive Benutzen eines Produkts lassen sich Informationen gewinnen und Nutzungsmöglichkeiten aufzeigen, die man allein mit der reinen Produkt- oder Herstellerbeschreibung nicht „erfahren“ hätte bzw. die Online-Werber in der Regel nicht erfahren.
So gesehen können die gewonnen Erkenntnisse aus der Produkterfahrung auch dazu genutzt werden, eine Persona schärfer abzuzeichnen. Hintergrund hier ist, dass Online-Werber oftmals, im Gegensatz zu klassischen Kreativ- und Werbeagenturen, zu sehr datengetrieben vorgehen, weniger kommunikativ oder empathisch.
Weiterhin lässt sich mit den praktisch gewonnenen Informationen die Zielgruppen-Ansprache dahingehend verbessern, als das man den potenziellen Kunden „auf Augenhöhe“ erreicht. Im Content-Marketing oder der Markenkommunikation platziert, können diese Informationen / Produkteigenschaften Assimilations- oder Kontrasteffekte hervorrufen. Diese Effekte sind für die Grundidee der Methodik jedoch nur zweitrangig relevant und dienen hier der Veranschaulichung von Zusammenhängen und Wirkung.
Auf der anderen Seite von versteckten Mehrwerten und Produkteigenschaften ergeben sich auch Negativmerkmale, also beispielsweise Produkteigenschaften, Qualitäten oder Anwendungsbereiche, die ein Produkt nicht hat. Mithilfe dessen lässt sich die Bedarfsgruppe und die Zielgruppenansprache noch feiner justieren.
Ausflug: Assimilations- und Kontrasteffekte
Assimilationseffekte beeinflussen also unsere Wahrnehmung der Produkteigenschaften durch eine positive Umgebung, während Kontrasteffekte ein Produkt positiver erscheinen lassen, wenn es mit einem schlechteren Produkt verglichen wird.
Um die Notwendigkeit, oder besser gesagt, die Vorteile dieser Methodik aufzuzeigen, möchte ich einen kurzen Abstecher in die Werbepsychologie machen. Mit diesem Hintergrundwissen lassen sich Ableitungen in späteres Passagen besser nachvollziehen.
Eigentlich müsste dieser Abschnitt einen komplett eigenen Beitrag bekommen. Vor allem in Bezug auf die Conversion Optimierung und die Gestaltung von Produktseiten. Vielleicht hole ich das noch nach.
Assimilationseffekte werden in der klassischen Werbung oft ausgenutzt, z.B. indem man ein Brot umgeben von Weizenkörnern, Mehl und einem steinernen Backofen darstellt oder Gemüse mit Erde und Natur (Kontext). Kognitionen, die der Kontext (also Weizenkörner = Frische; Erde = Natur / Bio) hier aktiviert, können auf das Produkt übertragen werden. Man produziert so kognitive Verzerrungen – sprich man beeinflusst das Denken und Entscheidungen.
Referenzen und Testimonials verursachen übrigens genau diesen Effekt und dienen damit nicht nur der Eignungsdiagnostik. Man setzt das eigene Produkt oder eine Dienstleistung in den Kontext anderer (bekannter) Marken oder impliziert bereits vorhandene positive Produkterfahrungen. Testimonials sind immer positiv – niemand wirbt mit Negativbewertungen.
Ein weiterer Effekt, den sich Werbung zunutze macht, ist der Kontrasteffekt. Ähnlich wie der Assimilationseffekt verändern Kontrasteffekte unsere Wahrnehmung. Ein Objekt erscheint beispielsweise schwerer, wenn es mit einem leichten Objekt verglichen wird. Beispielsweise erscheint ein 1,80m großer Mann größer, wenn auf Fotos stets mit noch kleineren Männern gesehen wird. Dieser Effekt wird oft in der Politik aber auch in vergleichender Werbung ausgenutzt.
Investigative Produkterfahrung – Was ist das?
Nun aber zum eigentlichen Thema.
Die Produkterfahrung ist eigentlich etwas, was der Kunde mit einem Produkt erlebt oder was Marktforschung und R&D (Research & Development) beobachten und untersuchen, um Produkte zu verbessern oder Konsumenten-Bedarfsanalysen zu erstellen. Oder auch die User Experience (Nutzererfahrung), die Webdesigner und Frontend Developer mithilfe von Nutzerdaten immer weiter verbessern.
„Investigative“ ist abgeleitet von Investigation – also Ermittlung, Nachforschung, Recherche oder Untersuchung.
Investigativ auch deshalb, da die Produkterfahrung normalerweise durch den Konsumenten oder den Besitzer eines Produkts nach dem Kauf selbst durchlebt wird. Im Word-of-Mouth-Marketing verschickt man z.B. gerne Produktproben an Blogger, die dann über das Produkt berichten sollen.
Gemeint ist also das absichtliche und vorsätzliche Benutzen / Untersuchen eines Produkts durch die Werberseite.
Ich verfolge hier also den Ansatz, dass Werber oder Werbetreibende – also auch SEO-Profis und Advertiser – selbst diesen Prozess durchlaufen sollten, um wirklich alle Stärken und Schwächen eines Produkts, dass sie bewerben, selbst zu erfahren, um so den kommunikativen Teil von SEM (Zielgruppenansprache) noch weiter zu optimieren.
Definition
Deshalb würde ich meine erste vorsichtige Definition wie folgt formulieren:
Die investigative Produkterfahrung ist das vorsätzliche (unfreiwillige) Erleben und Benutzen eines Produkts (oder Dienstleistung), die in Bezug auf die werbliche Kommunikation im SEM echte Produkterfahrungen und neue Aspekte in Bezug auf Bedarfsgruppen, praktische Verwendbarkeit und Anwendbarkeit liefern soll. Mithilfe dessen soll der Werbende die Kommunikation von Mehrwerten, Anwendbarkeit und Produkteigenschaften bei Wordings und Produkttexten in Bezug auf Zielgruppenansprache und Content-Marketing verbessern können.
Ich sehe im Sektor SEM (Suchmaschinenmarketing) zwar sehr starke strategische, datengetriebene und analytische Kompetenzen, allerdings fehlt mir viel zu oft die Empathie zu Kunden und Produkten – also zu den Kunden des Kunden und dessen Produkte.
Fakten statt Annahmen
Anders als die klassische Zielgruppenbestimmung oder spekulative Personas, stützt sich die investigative Produkterfahrung auf praktisch erworbene Fakten und Anwendererfahrung. Das Erstellen von effektiven Personas ist sehr zeitaufwendig und teuer. Nicht selten müssen dafür stundenlang Interviews und Konsumentenforschung betrieben werden. Deshalb werden in den meisten Fällen von Konzeption spekulative Personas verwendet. Das wiederum sorgt für Verzerrungen.
Durch die gewonnene „Erfahrung“ mit einem Produkt oder einer Dienstleistung lassen sich aber vor allem Bedarfsgruppen schärfer abzeichnen. Inwiefern man Personas dadurch „genauer“ machen kann, müsste man diskutieren.
Welche Erkenntnisse lassen sich aus einer investigativen Produkterfahrung gewinnen?
Mit der gewonnenen Produkterfahrung / Produkterlebnissen können wir als Werbetreibende (z.B. SEO & SEA – Google Adwords) eine völlig andere Sicht in Bezug auf die Zielgruppenansprache erlangen. Nämlich die, die ein Besitzer und Nutzer eines Produkts hat. So gesehen ist es vom Prinzip her wie Mundpropaganda, nur vom Werbenden selbst ausgehend.
Vor allem im Bereich des E-Commerce kann man bereits beobachten, wie sehr sich das „Experte sein“ als verkaufsfördernd erweisen kann. Viele anfängliche Hobby-Verkäufer haben sich so in diversen Nischen ein guten Geschäft aufgebaut und etabliert. Nicht zuletzt weil sie einfach die bessere Expertise haben. Gut zu beobachten beispielsweise in der Dampfer-Szene (E-Zigarette / E-Dampf).
Durch das aktive Benutzen und Erleben eines Produkts (oder Dienstleistung) gewinnen wir also nicht nur wertvollen Hinweise zu Produkteigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten, sondern auch Ideen für mögliche weitere Ansprachemöglichkeiten in Bezug auf Nutzerintention (z.B. Keywords) oder Bedarf (Anwendungsgebiete / Nutzbarkeit des Produkts). Ich meine damit übrigens nicht die Unterscheidung von Produkteigenschaften und Produktattributen.
Folgende wichtige Erkenntnisse lassen sich gewinnen:
- tatsächliche Qualität und Verarbeitung
- Überprüfbarkeit der Produktbeschreibung / Produkteigenschaften
- Haptik und Nutzbarkeit
- Ableiten von Informationsbedarf des Nutzers eines Produkts
- Abweichende Merkmale (z.B. Abweichungen vom Produktbild, Farbechtheit)
- weitere Anwendbarkeit
- mögliche Probleme (Negativmerkmale)
Daraus lassen sich folgende Dinge für die Kommunikation im SEM ableiten:
- Formulierung der für die Bedarfsgruppe am wichtigsten Produkteigenschaften (z.B. in der Meta Beschreibung)
- konkretere Benennung von Anwendungsgebieten (z.B. nicht „für Haus und Garten“ sondern „Ideal für kleinere Beete auf lockerem Erdreich“)
- mögliche Erweiterung der Anwendungsgebiete (z.B. „passend auch für das Bearbeiten von Balkonkästen & Indoor Gewächshäusern“)
- Erkennen und Benennen von Nachteilen (z.B. „nicht geeignet für harten Boden und empfindliches Wurzelwerk“)
- neue Keyword-Ideen
- Negativ-Keywords (Ausschließende Keywords)
Beim potenziellen Kunden ergeben sich dadurch:
- das Gefühl von echten Erfahrungswerten (Assimilationseffekt / Vertrauen)
- Authentische Wahrnehmung eines Angebots
- durch das Vergleichen von Angeboten im Netz können sich positive Kontrasteffekte ergeben
- das Wiederfinden eines konkreten Bedarfs (Ich suche etwas, mit dem ich auch auf dem Balkon arbeiten kann)
Ausschließende Aspekte
Ähnlich wie Negativ-Keywords (ausschließende Keywords) bei Google Adwords lassen sich durch den Prozess der investigativen Produkterfahrung auch Produkteigenschaften oder Anwendungsgebiete ermitteln, die nicht auf ein Produkt zutreffen.
Damit lässt sich wiederum die Bedarfsgruppe besser justieren und die werbliche Ansprache verfeinern. Auch kann man dadurch „Werbelügen“ vorbeugen.
Welche Vorteile hat der Prozess der investigativen Produkterfahrung?
- besseres Hineinversetzen in den Kunden
- weg von den „Werbeversprechen“ hinzu „Wertversprechen“
- empathische Annäherung an den Kunden
- besseres Bedarfsverständnis
- aktivieren von Emotionen
- besseres Verstehen von Nutzen und Anwendbarkeit
- Verhindern von negativen Kundenrezensionen
- Normalisierung der Erwartungshaltung des Kunden
- Produkteigenschaften können aus der Empirie heraus formuliert und beworben werden
- mögliche „must buy“- oder besonders innovative Eigenschaften lassen sich erleben
- es kann besser auf die Bedarfsformulierung der Zielgruppe eingegangen werden
Das Benutzen eines Produkts oder die Inanspruchnahme einer Dienstleistung sagt meistens sehr viel mehr aus, als eine Produktbeschreibung des Herstellers oder „tolle Fotos“. Man erfährt erst durch das Erleben und Benutzen eines Produkts seinen wahren Wert und den Umfang seiner Verwendungsmöglichkeiten. Auch kann man sich so besser in Menschen hineinversetzen, die nach so einem Produkt suchen. Das kann für Werbetreibende oder den Händler selbst eine Quelle von völlig neuen Kaufanreizen sein.
Beispiel
Nehmen wir doch mal meinen geschätzten Kollegen Stefan David. Stefan macht SEO und Stefan reist gerne. Nebenbei betreibt er Projekte wie z.B. camperco.de, eine Seite, die sich mit Wohnmobilreisen in Kanada und USA beschäftigt.
Nehmen wir zum Vergleich jetzt noch einen reinen SEO, sagen wir (fiktiv) Kai Words. Kai ist ein reiner SEO und soll genau eine solche Seite optimieren.
Welche qualitativen und kommunikativen Unterschiede sind wohl bei den beiden Projekten zu erwarten?
Während Stefan als begeisterter Reisender am besten weiß, was bei einer Wohnwagenreise alles schief gehen kann und worauf es inhaltlich ankommt, wird Kai womöglich nur eine Keyword-Recherche anstellen, einen Keyword-Cluster bilden und daraufhin sein SEO-Programm durchziehen. Wenn Kai gut ist, wird ihm vielleicht auffallen, dass der Website noch Schlüssel- bzw. Themenseiten fehlen, die bei dem Thema wichtig sind.
Bei Stefan wiederum glänzt die Website durch Insidertipps und Informationen aus erster Hand. Den Mehrwert, der sich durch echte Erfahrungen und einen Blick auf das Wesentliche ergibt, muss man hier nicht weiter ausführen.
Jetzt werden einige sicher denken: Ja, aber macht es denn Stefans Projekt automatisch zu einem besseren Projekt mit besserer Sichtbarkeit? Vielleicht ist ja der Kai ein begabter SEO, der das Projekt auf die vorderen Plätze bringt?
Mal im Ernst, SEO mag die Auffindbarkeit einer Website verbessern, aber nicht die Conversions und das Nutzererlebnis. Eine Website, die keinen Mehrwert für einen Nutzer bietet oder die dem Nutzer nur oberflächliche oder allgemeingültige Informationen zu einem Produkt geben, werden es langfristig nicht schaffen können, eine echte Kundenverbindung aufzubauen. Menschen vergleichen und das tun sie im Internet besonders gerne.
Sicherlich trägt SEO einen großen Teil dazu bei, dass eine gute Website zu relevanten Suchintentionen noch besser gefunden wird. Aber konvertieren tut nicht das Keyword sondern das Angebot und der Mehrwert.
Disclaimer: Das Beispiel mit Kai gilt nicht pauschal für alle SEO- oder SEA-Menschen, es verdeutlicht den Unterschied und worauf ich qualitativ hinaus will.
Investigative Produkterfahrung vs Herstellerinformationen
An dieser Stelle wäre natürlich ein berechtigter Einwand möglich. Warum sollte man sich den ganzen Aufwand machen, wenn die Hersteller selbst ausführliche Produktinformationen bereitstellen?
Hier ein paar einfache Gegenargumente:
- Hersteller beschränken Produkt- und Anwendungsinformationen fast immer nur auf einen engen Rahmen (Gesetzeskonformität / mögliche Haftung)
- „Life Hacks“ oder nicht vorgesehene Verwendungen werden nicht kommuniziert
- Bedienungsanleitungen, Handbücher oder Produktbeschreibungen sind fast nie werblich
Wie auch in der klassischen Werbung, haben Werber damit also einen viel größeren Spielraum ein Produkt darzustellen und „aus Anwendersicht“ zu bewerben.
Bedeutung für Content-Marketing
Wie schon ausführlich beschrieben, lassen sich durch die investigative Produkterfahrung enorme Mehrinformationen in Bezug auf Produkteigenschaften, Anwendungsgebiete und weitere Bedarfsgruppen gewinnen. Diese Informationen und auch das Erleben eines Produkts kann für das Content-Marketing (z.B. „Tipps & Tricks“ & Anwendervideos) sehr wertvoll sein – wie z.B. auch bei den klassischen Hausmitteln (hier Anwendung für Zahnpasta) & real life hacks.
Einer meiner ehemaligen Kunden, Airless Discounter, verkauft nicht einfach nur Farbspritzgeräte und Zubehör. Gefühlt, und dafür habe ich ihn immer bewundert, lebt er diesen Bereich. Das spiegelt sich heute auch z.B. in seinem Youtube-Kanal wieder, wo er nicht nur Tipps und Tricks verrät, wie man ein Gerät repariert oder ein Teil richtig einbaut, sondern man merkt einfach in der gesamten Kommunikation (Angebotsformulierung, Blog, Videos), dass hier einfach eine enorme Fachkompetenz vorhanden ist. Das ist nicht einfach nur Marketing-Geplapper, das ist 100% Fokus auf die Bedürfnisse und Ansprüche der Zielgruppe. Das merken natürlich auch die Kunden, denen Expertise und Know-How sehr wichtig ist.
Aus der Warte des Experten und des „Zuhörers“ ergeben sich für Unternehmen wir Airless-Discounter weitere Service- und Produktangebote ganz von selbst. Im Gegensatz zu den reinen Wiederverkäufern hat er meiner Meinung nach so einen enormen Wettbewerbsvorteil – und das nicht einmal werblich gesehen. Zumal es ein Experte gar nicht anders kann, als gut machen. 🙂
Dieses Positivbeispiel soll jetzt aber nicht sagen, dass man mit einer enormen fachlichen Tiefe an den Prozess herangehen, es soll vielmehr der Methode der investigativen Produkterfahrung als Beispiel dienen.
Investigative Produkterfahrung + SEM = effektiveres SEM
Jetzt stellt sich die Frage, wie wir diese Effekte im Suchmaschinenmarketing für uns nutzen können.
Wir arbeiten ja im Suchmaschinenmarketing weniger audiovisuell, als eigentlich nur mit Texten und einer begrenzten Zeichenanzahl. Außer vielleicht im Google-Display-Netzwerk, bei der Conversion Optimierung und LandingPage-Konzeption. Dort kann man natürlich auch visuelle Elemente und Bilder beeinflussen.
Auch mit Wordings können wir Assimilationseffekte triggern. Zusammen und mithilfe der aus dem Produkterlebnis gewonnenen Informationen und Produkteigenschaften oder aber mit ganz einfachen Formulierungen, die die Erwartungshaltung beeinflussen können.
Beispiel: „Gartenhandschuhe“
Die ersten beiden organischen Ergebnisse zu „Gartenhandschuhe“
Mein Gegenbeispiel
Differenzierung / Kritik
Die investigative Produkterfahrung hat offensichtlich viele Vorteile, aber auch genauso Nachteile bzw. Ungenauigkeiten.
Problem: Google Adwords Qualitätsfaktor
Alle SEA´ler kennen den Qualitätsfaktor bei Google AdWords und auch, wie er sich errechnet. Das Problem liegt hier bei der Umsetzung: Aufgrund des „Keyword Matching“ in Titel und Beschreibung – vor allem mit Hinblick auf die Zeichenbegrenzung, lässt sich bei Google AdWords einfach mal sehr wenig kommunikativ optimieren. Lediglich in Bezug auf ausgewählte Sitelinks oder CallOuts gibt es noch Potenzial für die Optimierung der Zielgruppenansprache.
Suchintention
Jemand der wirklich etwas „billiges“ sucht wird sich von „billig“ auch eher angesprochen fühlen, als von einem Text der Assimilations- oder Kontrasteffekte triggert oder echte Nutzer-Erfahrungen impliziert.
Grenzen der Systeme
Bei Google Shopping Anzeigen ist z.B. so wenig Raum für eine bildliche Wirkung, dass man hier gar nicht anders kann, als mit freigestellten Produktfotos zu werben. Sprich: Man kann hier seine Produkterfahrung oder Mehrwerte garnicht präsentieren.
Skalierbarkeit bei großen Shops
Bei Onlineshops mit vielen tausenden Produkten (oder gar Amazon) dürfte meine vorgeschlagene Methode rein von den Kosten her an ihre Grenzen stoßen. Es ist zwar nicht unmöglich, macht aber auf die Masse an unterschiedlichen Produkten keinen Sinn, hier Mitarbeiter monatelang mit der investigativen Produkterfahrung zu beschäftigen. Selbst wenn man sich diese Informationen und Erkenntnisse extern beschafft, stünde dies in keinem wirtschaftlichen Verhältnis mehr.
Fazit: Insiderwissen macht die bessere Zielgruppenansprache
Zusammenfassend kann man sagen, dass die investigative Produkterfahrung viele Vorteile hat. Mit relativ wenig Aufwand lassen sich interessante Einblicke in Bezug auf Eigenschaften und Verwendbarkeit eines Produktes erlangen. Mit diesen gewonnen Informationen lässt sich einerseits die Zielgruppenansprache und die Definition der Bedarfsgruppe bei SEO und SEA verbessern, anderseits ergeben sich durch entdeckte „Life Hacks“ und die normale Nutzung tolle neue Ansätze für das Content-Marketing, z.B. Anwender-Videos.
Man muss nicht unbedingt „Der Experte“ auf einem Gebiet sein, aber es reicht schon, wenn man Produkte, für die man wirbt, einmal benutzt und „erlebt“ hat. Allein die Nähe zu einem Produkt oder einer Dienstleistung kann einem schon eine andere Sichtweise verschaffen.
Was sich aber ganz klar als problematisch herausstellt, ist der Rahmen, in dem die investigative Produkterfahrung überhaupt noch sinnvoll und wirtschaftlich ist. Für kleine und mittlere Shops, Nischenseiten oder Blogs ist der Aufwand relativ gering. Bei großen Shops mit einem Artikelsortiment in den Tausendern macht es jedoch keinen Sinn mehr.
Wie seht ihr das?
Habe ich Vorteile oder Gegenargumente vergessen? Wie handhabt ihr das? Praktiziert ihr das vielleicht schon genau so? Wie sind eure Erfahrungen?
Ich freue mich wie immer über Kommentare oder auch über eine rege Diskussion bei mir auf Facebook. 🙂
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