Zielgruppen mit gemeinsamen Interessen richtig verwenden

Lies das zuerst: Dieser Beitrag richtet sich an Menschen, die bereits mit Google Ads oder anderen Werbesystemen werben oder sich damit beschäftigen. Ich konzentriere mich hier hauptsächlich auf die so genannte „benutzerdefinierte Zielgruppe mit gemeinsamen Interessen“ und NICHT auf Remarketing-Listen oder von Google automatisch generierte Zielgruppenlisten.

Die Anzeigenaussteuerung nach „Zielgruppen“ ist neben Keywords, demografischen Daten, Themen und Placements eine wunderbare Möglichkeit, Search- und Displayanzeigen im Google Werbenetzwerk auszuspielen.

Während beispielsweise Keywords oder demografische Daten einen eher engen Trigger-Rahmen vorgeben, so beziehen „benutzerdefinierte Zielgruppen“ mehrere dieser Parameter mit ein. Man kann fast schon sagen, dass sich mithilfe der Google Ads Zielgruppen regelrechte Personas erstellen lassen.

Google selbst sagt zwar folgendes:

Zielgruppen mit gemeinsamen Interessen eignen sich speziell für Unternehmen, die derzeit TV-Anzeigen schalten und Onlinewerbung einsetzen, um die Reichweite der TV-Kampagne kostengünstig zu erhöhen.

Google

Trotzdem finde ich, dass diese Targetingmethode deutlich mehr Potiential hat – auch für Unternehmen, die keine TV-Werbung schalten.

In diesem Beitrag zeige ich, wie Du Zielgruppen in Google Ads richtig verwendest und worauf du achten solltest.

„Benutzerdefinierte Zielgruppe mit gemeinsamen Interessen“

Abbildung Google Ads Einstellung benutzerdefinierte zielgruppe mit gemeinsamen interessen

Benutzerdefinierte Zielgruppen mit gemeinsamen Interessen sind derzeit nur für Display- und Videokampagnen verfügbar. Man erreicht so Nutzer basierend auf ihren Merkmalen, Interessen und Gewohnheiten, dem Suchverhalten oder der Art und Weise, wie sie mit einem Unternehmen interagieren. Google kann mit diesen Angaben semantisch Nutzer und Nutzergruppen bestimmen, die diesen Vorgaben ähneln. Die Daten dafür hat Google ja quasi von jedem Chrome-Nutzer oder Nutzern mit Google-Konto.

Man kann mehrere Targeting-Kriterien kombinieren.

  • Interessen, die als Keywords eingegeben werden
  • URLs, mit denen sich auf der Grundlage des Inhalts der Website Interessenkategorien erstellen lassen
  • Orte, die für die Zielgruppen interessant sind. (nur für Videokampagnen)
  • Apps, die den idealen Kunden interessieren könnten. (jedoch keine Anzeigen in diesen Apps, sondern Nutzer die diese Apps installiert haben bekommen Anzeigen zu sehen)

Unterschied zu „benutzerdefinierte Zielgruppe mit gemeinsamer Absicht“

benutzerdefinierte Zielgruppe mit gemeinsamer Absicht

Achtung, es gibt hier einen Unterschied zwischen „gemeinsamen Interessen“ und „gemeinsamer Absicht“. Die Ausrichtung „benutzerdefinierte Zielgruppe mit gemeinsamer Absicht“ hat seit April 2019 die Zielgruppen-Keywords abgelöst.

Die Aussteuerung funktioniert hier nur mit Keywords und ähnlichen URL – ist aber nicht, wenn richtig konfiguriert, nicht weniger effektiv!

Die Vorteile benutzerdefinierter Zielgruppen mit gemeinsamen Interessen

Die Vorteile ergeben sich eigentlich schon rein logisch aus den kombinierbaren Aussteuerungskriterien. Gegenüber der Aussteuerung auf Themen oder demografische Daten wie Alter und Geschlecht, bieten die benutzerdefinierten Zielgruppen eine noch spezifischere Aussteuerung mit weniger Streuverlusten. Noch dazu berücksichtigt diese Art auch dynamisches Nutzerverhalten und auch Nutzer, die womöglich mit nur einem Targetingkriterium nicht erreicht würden.

Was mir persönlich am meisten gefällt ist, dass man sich damit seine Zielgruppen auch wunderbar segmentieren kann. Beispielsweise in „Katzenbesitzer“ und „Katzenbesitzer die online Katzenfutter einkaufen“. Behalte das unbedingt im Hinterkopf: Du kannst Dir auch mehrere dieser Zielgruppen bauen. Das nachfolgende Beispiel veranschaulicht das etwas besser.

Beispiel: Benutzerdefinierte Zielgruppen „Katzenbesitzer“

Beispiel: Benutzerdefinierte Zielgruppen „Katzenbesitzer“

Um die Möglichkeiten zu verdeutlichen, möchte ich in diesem Abschnitt mit einem Beispiel arbeiten. Dieses Beispiel ist näher an der Praxis. Das spätere Beispiel mit der Übertragung der Persona-Eigenschaften auf die Targetingkriterien von Google ist da nicht ganz so einfach und logisch.

Szenario: Stellen wir uns einfach mal vor, dass wir ein Onlineshop für Haustierbedarf sind und wir möchten ganz speziell die Zielgruppe von Katzenbesitzern mit unseren Google Display Anzeigen erreichen.

Targeting (siehe Abbildung oben): Nun erstelle ich eine benutzerdefinierte Zielgruppe mit gemeinsamen Interessen und nutze nachfolgend aufgelistete Kriterien. Aber Achtung, je mehr man nutzt, desto größer kann wiederum die Streuung sein. Das Nutzen vieler und diverser Targetingkriterien ist aber grundsätzlich zu empfehlen, solange sie mit der Zielgruppe konform gehen. Und mit konform gehen meine ich nicht „ich denke mal, die suchen das bestimmt auch“ sondern ich rede von Daten oder empirischen Erkenntnissen. Wer bei Zielgruppen oder Personas rät, ohne wirklich die Realität zu kennen, der tötet auch Delfinbabys.

  • Orte: Hier trage ich ein, welche Geschäfte und Orte meine Zielgruppe womöglich aufsucht
  • Apps: Ich nehme hier Apps der Konkurrenz, Katzenratgeber und Amazon (in Kombination mit anderen Merkmalen spreche ich also auch Menschen an, die gerne online einkaufen und Katzen haben)
  • URLs: Hier nehme ich ebenfalls Konkurrenz-URL. Meist nehme ich sogar die komplette erste SERP-Seite. Aber Achtung, Relevanz auf das eigene Angebot immer prüfen!
  • Interessen (=ähnlich Keywords): Katzenfutter online kaufen, Katzenfutter – zusätzlich könnte man hier auch noch Konkurrenz-Keywords einfügen

Personas in benutzerdefinierte Zielgruppen übertragen

Im Performance-Marketing ist ja nicht nur die Performance wichtig. Wir verstehen uns oftmals auch als Fortführung des globalen Marketing eines Kunden oder als verlängerten Arm einer Media-Agentur.

Personas sind fiktive Figuren, die aus realen Eigenschaften von Zielgruppen definiert werden. Dazu gehören detaillierte Beschreibungen zu z.B. der Einkommenssituation, dem privaten und beruflichen Umfeld und den Eigenschaften als Konsument. Personas beschreiben also eine einzige (fiktive) Person aus einer Zielgruppe so genau, dass man sie zu jedem Zeitpunkt und bei jeder Art von Werbekommunikation als „Sparringspartner“ heranziehen kann. Eine Zielgruppe ist also nur eine grobe Beschreibung homogener Eigenschaften von Vielen, während eine Persona versucht, einen Einzelnen aus dieser Gruppe zu beschreiben.

Personas sind in jeder Marketing-Strategie ein fester Bestandteil und sollten – wenn möglich – immer berücksichtigt werden. Das gilt ebenfalls für digitale Akquisitonskanäle. Problematisch wird es aber im Digital-Marketing. Google, Facebook, LinkedIn, Twitter und Co. haben recht unterschiedliche Targeting-Kriterien, die mal mehr und mal weniger detailliert steuerbar sind. Hier ergeben sich Probleme auf das Übertragen einer Persona auf einen digitalen Kanal. Gefragt ist also kein Guide sondern ein Prinzip oder eine Methodik, nach der man flexibel Eigenschaften in ein Targetingkriterium übertragen kann.

Beispiel Persona

Anhand meiner Person „Marcel“ möchte ich Dir nachfolgend einmal eine Persona beschreiben. Das macht es im darauffolgenden Abschnitt einfacher, die verschiedenen Attribute in eine digitale und beschränkte Persona zu übertragen. Hinweis: Es gibt keine einheitliche Darstellung einer Persona. Wichtig ist, dass die Beschreibung ausreichend ist – nicht zu oberflächlich aber auch nicht zu tiefgehend. Die Beschreibung folgt normalerweise auch immer einem Bezug zum Produkt / Dienstleistung, was / die beworben werden soll. Im folgenden Beispiel gibt es keinen Bezug.

  • Name: Marcel Schrepel
  • Hintergrund: Geschäftsführer und Digital Marketer, studierte Wirtschaftskommunikation an der HTW-Berlin, ledig – keine Kinder – kein Führerschein, Digital Native, Early Adapter, nutzt neue Technologien und Dienste
  • Ängste: Angst dem für das Digital-Marketing nötige Wissen nicht mehr folgen zu können. Angst in keinem anderen Beruf mehr arbeiten zu können. Angst sich zu überarbeiten und sein Privatleben zu vernachlässigen.
  • Abneigungen: mag keine stupide und trügerische Werbung, mag keine minderwertigen Produkte oder Dienstleistungen, findet Networking und Social Media doof
  • Demografie: Männlich, 39 Jahre alt, Haushaltseinkommen 500.000€ (lol schön wärs), besitzt mehrere Eigentumswohnungen (lol schön wärs)
  • Ziele: hohe Mitarbeiterzufriedenheit, neue Maßstäbe setzen, ausreichendes Einkommen im Alter
  • Hobbys & Interessen: neue Technologien, CCC, Raumfahrt, lustige Youtube Videos, Sport, Musik
  • Herausforderungen: Qualifizierte Mitarbeiter finden, auf dem neuesten Wissensstand bleiben, Work-Life-Balance halten

Ich denke, das reicht um zu zeigen was gemeint ist.

Digitale Personas

Wie wir schon gesehen haben, beschränken sich die Aussteuerungskriterien der benutzerdefinierten Zielgruppen mit gemeinsamen Interessen auf lediglich 4 Attribute.

  • Orte
  • Apps
  • Interessen
  • URL

Zusätzlich haben wir natürlich die Standard-Kriterien von Google Ads:

  • demografische Daten
  • Standort
  • Tageszeit (Werbezeitplaner)
  • Sprache
  • Geräte

Versuchen wir also jetzt einmal meine Persona in eine Google Ads Kampagne zu transformieren, die auf der Persona-Beschreibung aufbaut und aber die gegebenen und eingeschränkten Aussteuerungskriterien nutzt. Ich nehme dazu die o.g. Google-Optionen und trage dahinter die Daten meiner Persona ein.

Kampagneneinstellungen:

  • demografische Daten -> 35-44 Jahre
  • Standort -> Berlin
  • Tageszeit (Werbezeitplaner) -> 09 – 22 Uhr (meine Arbeitszeit plus Freizeit, wo ich ebenfalls Entscheidungen treffe)
  • Sprache -> Deutsch & Englisch (CEO sind auch mehrsprachig)
  • Geräte -> Alle (Tablets, Mobil, Desktop & Hybrid Fernseher – Nutzungsverhalten unterschiedlich)

Konfiguration der benutzerdefinierten Zielgruppe mit gemeinsamen Interessen:

Jetzt wird es eigentlich erst interessant, denn ich muss die Eigenschaften der Persona und andere Kriterien berücksichtigen und bestmöglich erarbeiten, um später in meiner Kampagne ein effektives und trennscharfes Targeting zu haben. Ich lese sie also nicht nur ab, sondern ich leite ein Nutzungsverhalten, z.B. in Bezug auf besuchte Websites und besuchte Orte ab. Es darf auch gerne etwas mehr sein solange es in die Persona passt!

  • Orte -> Fitnessstudios, Geschäfte für Bürobedarf
  • Apps -> Runtastic (Lauf-App), Spotify (Musik), Youtube (Videos), Amazon (Shopping), Uber (Fahrdienst weil ich hab keinen Führerschein lol)
  • Interessen -> Geschäftsführer, Technologie, Raumfahrt, Sport
  • URL -> Websites, die CEO und die Persona womöglich aufrufen (siehe Screenshot – die Seiten besuche ich übrigens nicht, es dient nur der Veranschaulichung)

Problematisch: Jetzt sieht man aber schon, dass diese benutzerdefinierte Zielgruppe seine Grenzen hat. Sie ist zwar sehr spezifisch konfiguriert – allerdings treffen die Parameter auch auf andere Personenkreise zu. Man muss hier also gut überlegt „herumdoktern“, bei den Interessen zusammenstreichen oder aber die Zielgruppe mit gemeinsamen Absichten als Option betrachten.

Ich hoffe, die Vorgehensweise ist deutlich geworden.

Fazit: Benutzerdefinierte Zielgruppen sind Quasi-Personas

Die benutzerdefinierten Zielgruppen sind für mich Quasi-Personas, was im Performance-Marketing wirklich eine tolle Angelegenheit ist. Zwar lassen sich die Eigenschaften einer zuvor erstellten Persona nicht 100% auf eine digitale Zielgruppe übertragen (dazu gehen die Google-Kriterien nicht weit genug, beispielsweise sexuelle Orientierung, politische Einstellung, Einkommensverhältnisse), allerdings lassen sich dadurch die Streuverluste eingrenzen und der Wirkungsgrad erhöhen. Vor allem mit Hinblick auf die Effizienz der Werbebudgets der Kunden.

Wie ich schon angemerkt habe, ist nicht etwa eine bestimmte Methodik wichtig, wie man die Eigenschaften einer Persona auf digitale Werbekanäle übertragen kann. Vielmehr ist wichtig, dass man sich in das Nutzungsverhalten hineindenken und wichtige Ableitungen treffen oder Annahmen machen kann.

Eine Persona ist ja immer nur eine representative Einzelperson einer Zielgruppe. Die Eigenschaften einer benutzerdefinierten Zielgruppe (das gilt übrigens für Google, Facebook und alle anderen System, wo man mit solchen Kriterien spielen kann) lassen sich auch beliebig erweitern solange sie die Persona oder die Zielgruppe treffen.

Für mich persönlich ist die Aussteuerung nach Zielgruppen die Zukunft. Aber mit Hinblick auf Datenschutz, DSGVO und diversen weiteren kommenden Verordnungen bleibt abzuwarten, inwiefern sich dieser Trend überhaupt fortführen kann.